Warnung vor Kapitalflucht

"Steuer würde Reiche vertreiben"

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) will von den 80.000 reichsten Österreichern per Vermögenssteuer eine halbe bis zwei Milliarden Euro fürs Budget. Der Steuerberater und Präsident der Wirtschaftstreuhänder Österreichs, Klaus Hübner, beurteilt die Vorhaben Faymanns skeptisch. Hübner spricht von "schleichender Enteignung" und befürchtet Kapitalflucht ins Ausland.

Mittagsjournal, 31.08.2011

Der Präsident der Wirtschaftstreuhänder Österreichs, Klaus Hübner, im Gespräch mit

Gesetz statt freiwillig

Unter anderem glaubt Hübner nicht an das Prinzip der Freiwilligkeit: Er zahle gerne freiwillig für gemeinnützige Organisationen, aber in einem Gesetzesstaat könne man schon die Umsetzung in die Legistik erwarten, meint Hübner, der diesen Vorschlag nicht ernst nimmt.

Was ist Vermögen?

Völlig unausgegoren ist für Hübner, was überhaupt als zu besteuerndes Vermögen angedacht sei. Grundsätzlich komme Vieles in Frage - Geld, Wertpapiere, Immobilien, Schmuck, etc. Bei den Immobilien allein sei unklar, ob man von Einheitswerten oder Verkehrswerten spreche. "Das würde ja den ganzen Mittelstand betreffen, und so kann's ja nicht sein."

"Schleichende Enteignung"

Entschieden wendet sich der Steuerberater dagegen, dass nicht nur der Vermögensertrag, sondern die Vermögenssubstanz selbst besteuert werden sollte. Eine solche Substanzbesteuerung über mehrere Jahre wäre eine "schleichende Enteignung", so Hübner.

"Reichensteuer schon jetzt"

Übrigens habe Österreich schon jetzt eine "Reichensteuer", gibt Hübner zu bedenken: "Drei Prozent der Einkommensbezieher zahlen zur Zeit fast 30 Prozent der gesamten Einkommens- und Lohnsteuer. Und 40 Prozent, immerhin 2,6 Millionen Österreicher, zahlen keine Einkommens- oder Lohnsteuer."

Steuerflucht, auch ganz legal

Der Wirtschaftstreuhänder sieht die "Gefahr, in Alternativen zu denken". Damit meint er nicht nur die klassische Kapitalflucht ins Ausland, sondern "ganz legal" Familien-Splitting sowie die Verlegung von Betrieben und Wohnsitzen ins Ausland. Dazu komme, dass die Vermögenssteuer
"extrem einhebungsintensiv" sei.

Alternative "Solidarzuschlag"

Eine Möglichkeit für einen Beitrag der Superreichen sieht Hübner dennoch: Wenn die Regierung ein glaubwürdiges Konzept für eine Verwaltungsreform vorlegen kann, dann könnte an man die angesprochenen 80.000 herantreten - mit einem auf ein oder zwei Jahre befristeten "Solidarzuschlag", um die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Eine Kompromissvariante könnte laut Hübner auch sein, die Grundsteuer "moderat" anzuheben und zum Ausgleich die Lohnnebenkosten zu senken. Bei allen Steuerplänen müsse man aber bedenken, dass Österreich bei der Gesamtabgabenquote im obersten Drittel Europas liege.