Splittergruppen könnten aber gefährlich werden

Terrorexperte: Al-Kaida kurz vor Zusammenbruch

Wenige Tage vor dem zehnten Jahrestag der Anschläge vom 11. September haben die US-Behörden eine landesweite Terrorwarnung herausgegeben. Geht von der Al-Kaida heute tatsächlich noch eine Gefahr aus? Terrorismusexperte Guido Steinberg verneint, warnt jedoch vor einem Erstarken von Ablegern der Terrorgruppe.

Mittagsjournal, 5.9.2011

Elisabeth Manas

Terrorwarnung "reine Routine"

Die Terrorwarnung sei reine Routine, beteuern Heimatschutzministerium und FBI. Derzeit gebe es keine spezifischen Hinweise auf Anschlagspläne. Man wolle aber neuerlich daran erinnern, wie wichtig es sei, weiterhin wachsam zu bleiben. Aber wie gefährlich sind sie wirklich, die Al-Kaida und ihre Teilorganisationen. Und wie groß ist ihre Handlungsfähigkeit?

"Organisation unter großem Druck"

Guido Steinberg, international renommierter Terrorexperten und Islamwissenschaftler von der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik, glaubt zwar, dass die Organisation gerne aufsehenerregende Anschläge verüben würde, derzeit aber nicht dazu in der Lage sei. Al-Kaida stehe unter enormen Druck. Vor kurzer Zeit hätte die Terrorgruppe ihren Führer in Nordwasiristan verloren und würden noch nach einem Nachfolger suchen.

"Al-Kaida könnte nächstes Jahr nicht überleben"

Auch der wenig charismatische Nachfolger von Osama bin Laden, Ayman al-Zawahiri, würde laut Steinberg nicht das Potential besitzen, die Al-Kaida zu führen. "Es ist durchaus möglich, dass die Kernorganisation Al-Kaida das nächste Jahr nicht überlebt. Ich glaube auch, dass die Ideologie der Al-Kaida ein Phänomen der Vergangenheit ist", analysiert der Terrorismusexperte.

"USA in Pakistan erfolgreich"

Nicht zuletzt deshalb, da auch das amerikanische Militär und die CIA bei ihrem Kampf gegen die Al-Kaida in Pakistan große Erfolge zu verbuchen hätten. So seien in den letzten Jahren die wichtigsten Kommandeure der Organisation durch Drohnen getötet worden, so Steinberg.

Warnung vor starken Al-Kaida Splittergruppen

Verschiedene Ableger der Al-Kaida würden derzeit aber versuchen, ihre Strukturen in Syrien, Libyen und Ägypten wiederaufzubauen – bislang jedoch mit bescheidenem Erfolg. Stark vertreten sind Regionalorganisationen der Al-Kaida allerdings im Jemen, in Algerien und im Irak. Gerade in den letzten beiden Staaten würden die Organisationen von der Schwäche der Zentralregierung profitieren, warnt Steinberg.

Homegrown-Terrorismus: Möglicher Rückgang

Nicht abzuschätzen sei die Gefahr des "Homegrown-Terrorismus", sprich der Terrorismus, der im eigenen Land entsteht. "Viele junge Leute sind in den letzen Jahren aus Deutschland und Österreich nach Pakistan gegangen, um dort zu kämpfen. Viele sind dabei auch getötet oder inhaftiert worden, einige sind auch desillusioniert zurückgekehrt", sagt Steinberg. Insgesamt wirke es aber so, dass die Welle der Jahre 2006 bis 2010, als viele junge Menschen nach Pakistan gegangen sind, wieder vorbei sei.