Vor der Verleihung in Venedig

Wer gewinnt die Löwen?

Eine Faust-Verfilmung und ein Endzeitdrama sind es, über die man dieser Tage beim Filmfestival von Venedig diskutiert. Das endet ja am Samstag, 10. September 2011, mit der Verleihung der Preise. Wer den Goldenen Löwen und die begehrten Darstellerpreise mit nach Hause nehmen wird, ist heuer besonders ungewiss, da es zahlreiche Favoriten gibt.

Kultur aktuell, 09.09.2011

In eine mittelalterliche Stadt mit Kostüme aus der Goethezeit versetzt Alexander Sokurov seinen Faust-Film. Er bringt aber nur manchmal Zitate aus dem berühmten Stück von Goethe. Der stark von Andrej Tarkowski geförderte russische Regisseur konzentriert sich vor allem auf die Wirkung seiner Bilder, die auch am deutschen Stummfilm Anleihen nehmen.

Für Sokurov ist Faust das Ende einer Filmtetralogie über die Natur der Macht, die er mit Moloch und Taurus begonnen hat. Faust ist in Russland ein bekanntes und geliebtes Stück, wo die deutsche Kultur immer sehr hoch im Kurs stand.

Hauptdarsteller aus Österreich

Gespielt wird auf Deutsch und ein österreichische Schauspieler, den man vom Wiener Schauspielhaus kennt, Johannes Zeiler, ist unter 1000 Mitbewerber als die Titelfigur ausgewählt worden. Auch Georg Friedrich, ein zweiter Österreicher, spielt in dem Film mit, Fausts Schüler Wagner. Dagegen hat Hanna Schygulla nur einen kurzen Auftritt in einem klassischen Marthe-Schwertlein-Kostüm mit ausladenden Kleidern und einer riesigen Kopfbedeckung. Großer Applaus war bei der Pressevorführung für Sokurovs "Faust" zu vernehmen und Johannes Zeiler hat durchaus auch Chancen auf einen Darstellerpreis.

Ein verrückter, ein entrückter Film ist dieser "Faust" von Sokurov und es ist zu hoffen, dass er bei uns auch einen Verleih findet, was heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist.

Inspiriert von Tarantino

Eher ist das bei William Friedkins Film "Killer Joe" anzunehmen, nach einem Stück von Tracy Letts. Dieser Autor wurde wiederum von Tarantinos "Pulp Fiction" inspirierte und wer dessen schwarzen Humor gut fand, kommt auch bei Friedkin auf seine Rechnung. Schallendes Gelächter und großer Applaus waren die Reaktionen auf die Geschichte einer amerikanischen Familie, die einen Killer anheuert, um zum Schluss niedergeknallt zu werden.

Endzeit-Szenario

Sex, Crime and Violence sind die Zutaten dieser schwer verdaulichen Films, dem man eher Abel Ferrara zumuten würde. Dieser überrascht aber mit einem eher ruhigen Streifen über das Ende des Planeten. "Last Day on Earth" mit Willem Dafoe ist weit entfernt von seinen früheren Filmen wie "Bad Lieutenant" oder "Body Snatchers". Ein Paar liebt sich, tanzt und meditiert in der eigenen Wohnung in New York, während rundherum die Welt sich auf das Ende vorbereitet. Diese kommt nur per Fernseher oder Computer ins Spiel. Schließlich lebten wir in einem Zeitalter, wo alle Bilder überall verfügbar scheinen und Kinder mit den Medien so vertraut sind wie andere Generationen mit dem Schnuller.

Übrigens: Ferraras Film ist wahrlich nicht der einzige Film bei diesem Festival in Venedig über das Ende der Welt. Ein italienischer Film etwa nennt sich "L'último terrestre" - "Der letzte Erdenbewohner".

Textfassung: Ruth Halle