Ganz Staatsmann oder Flucht vor Gerichtstermin?

Berlusconi: Eine Posse in Brüssel

Italiens umstrittenes Sparpaket soll am Mittwoch endgültig vom Parlament verabschiedet werden. Regierungschef Silvio Berlusconi berichtete darüber der EU-Führung in Brüssel - bei einem Auftritt höchst merkwürdiger Art. Eigentlich sollte er in Neapel vor dem Richter aussagen.

Abendjournal, 13.09.2011

Auftritt bewusst inszeniert

In der Europäischen Union ist Italien politisch wenig präsent. Doch heute hat Silvio Berlusconi gleich drei Treffen, beim Ratspräsident, beim Kommissionspräsident und im Europaparlament, um über Italiens Sparpaket zu berichten. Die Termine sind auf ausdrücklichen italienischen Wunsch zustande gekommen, was den Verdacht die hartnäckigen italienischen Journalisten nährt, Berlusconi sei es nur darum gegangen, einem unangenehmen Gerichttermin wegen Korruption in Neapel zu entgehen.

Italienischer Wortschwall

Gemeinsam mit Herman van Rompuy tritt der Premierminister vor die dichtgedrängte Presse. Der Ratspräsident lobt Italiens Sparbemühungen, auf Französisch. Dann hebt Berlusconi an, auf Italienisch. Den sanften Hinweis des Gastgebers, er möge doch Zeit für die Übersetzung lassen, wischt der Regierungschef ungestüm zur Seite, um mit einer in Brüssel höchst ungewöhnlichen minutenlangen Brandrede gegen die innenpolitische Opposition fortzufahren. Auf italienisch.

Die Opposition wolle das Ansehen des Regierungschefs zu zerstören, sie schädige aber in Wirklichkeit nur das Ansehen Italiens. Die Übersetzerin hat keine Chance. Er hat italienisch gesprochen, weil das doch nur die Italiener interessiert, lässt er dann auf Französisch den verdutzten EU-Ratspräsidenten wissen, um abzurauschen.

Spontane Demonstrationen in Brüssel

Vor dem Ratsgebäude demonstrieren inzwischen ein paar Dutzend Personen dagegen, weil sich Italiens Regierungschef ihrer Meinung nach nur deshalb eingeladen hat, um einer Vernehmung in Neapel im Zusammenhang mit Partys und Prostituierten zu entgehen.