Um Schuldenkrise einzudämmen

Rom schielt auf Geld aus China

Italien kämpft nach wie vor mit seiner Finanz- und Wirtschaftskrise. Um Geld in die Kassen zu spülen, ist man jetzt auf die Idee gekommen, China als Investor an Bord zu holen.

Mittagsjournal, 13.09.2011

1.900 Mrd. Staatsschulden

In den kommenden Tagen soll das in der vergangenen Woche vom Senat abgesegnete Sparpaket auch vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden. Auch diesmal soll der Vorgang mit einer Vertrauensabstimmung verbunden werden. Wie immer die Sache ausgeht, Italien braucht in jedem Fall viel Geld, um die 1.900 Milliarden Euro Haushaltsschulden einzudämmen. Aber woher nehmen? Aus China, hat sich Italiens Wirtschaftsminister gedacht, und diesbezügliche Kontakte sind bereits geknüpft.

Börsen reagieren bereits

Gestern Abend schien es nur ein Gerücht, heute Vormittag kam dann die Bestätigung. Unter Berufung auf Regierungskreise hatte die Wirtschaftszeitung Financial Times gemeldet, Italien habe China gebeten, italienische Staatsanleihen zu kaufen. Und zwar in großer Zahl. Um dies zu ermöglichen, sei eine chinesische Delegation bereits vergangene Woche nach Rom gekommen. Viele Gespräche hätten stattgefunden. Unter anderem mit Wirtschaftsminister Giulio Tremonti. Interessantes Detail der Geschichte: Obwohl noch unbestätigt, hatte die Meldung gestern Abend - nach einem schweren Tag für die europäischen Börsen - in New York für eine Trendumkehr gesorgt. Die Nachricht von den chinesischen Bond-Plänen trieb kurz vor Handelsschluss die wichtigsten Indices nach oben.

Neue Anleihen am Markt

Doch zurück nach Italien. Giulio Tremonti hat heute die Gespräche bestätigt. Details dazu wurden aber nicht bekannt. Die erhoffte Wirkung einer möglichen chinesischen Geldspritze zeigte sich aber nur kurz. Nach einem ganz guten Start heute Morgen gab die Mailänder Börse wieder nach und die Kurse italienischer Staatsanleihen fielen. In jedem Fall kommt die Nachricht an einem für Italiens Haushalt wichtigem Tag. Mit einer Anleihen-Auktion will das Land heute erneut mindestens sieben Milliarden Euro aufnehmen.

Peking läßt sich Zeit

Ob China tatsächlich rettend eingreift, bleibt ungewiss. Schon im Frühjahr hat die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zwar signalisiert, Schulden von Euro-Ländern aufkaufen zu wollen - und angeblich hatte China Milliarden in Euro-Anleihen investiert. Aber diesbezügliche Hoffnungen wurden schon öfters enttäuscht. Konkrete Zahlen - auch mit Blick auf Italien - gibt es daher keine. Analysten zufolge könnte China aber rund vier Prozent der 1.900 Milliarden Schulden Italiens halten.

Berlusconi in Straßburg statt vor Gericht

Und apropos Schulden: Zu diesem Thema ist heute Silvio Berlusconi nach Straßburg gereist. Ganz plötzlich. Oder zu plötzlich wie die Opposition meint. Der Ministerpräsident ließ sich daher in einem seiner Fernsehkanäle dazu interviewen: "Dank unserer Opposition und dank der mit ihr verbundenen Presse ist rund um unser Sparpaket eine riesige Konfusion entstanden. Man versucht europäischen Behörden zu überzeugen, dass die italienische Regierung nicht zu diesem Sparpaket steht. Es hat sich für mich daher die Notwendigkeit gezeigt, dass ich die europäischen Gesprächspartner beruhigen muss".

Ein Problem dabei: Berlusconi hätte heute vor der Staatsanwaltschaft Neapel zu einer mutmaßlichen Erpressungsaffäre als Zeuge vernommen werden sollen. Sprich ohne Anwälte. Er soll vom in U-Haft sitzenden süditalienischen Unternehmer Giampaolo Tarantini erpresst worden sein. Der Grund: Tarantini und seine Frau sollten in der Affäre und um das Callgirl Patrizia D´Addario falsch aussagen. 850.000 Euro habe der Regierungschef dem Unternehmer und seiner Frau zukommen lassen. Berlusconi hinterließ heute eine schriftliche Stellungnahme. Demnach habe er nur einer Familie helfen wollen, die sich in Schwierigkeiten befindet - so der Ministerpräsident. Das Gericht schließt aber nicht aus, dass Berlusconi vom Zeugen zum Angeklagten werden könnte.