Sparkurs vernichtet Existenzen
Griechen zwischen Wut und Verzweiflung
Die griechische Regierung hat weitere Einschnitte und Steuern beschlossen, um den nächsten Teil der Hilfskredite aus dem Rettungspaket zu erhalten. Die acht Milliarden sind dringend nötig, weil Griechenland sonst bereits im Oktober zu wenig Geld hätte, um Gehälter und Rechnungen zu bezahlen. Die Bevölkerung schwankt zwischen Wut und Resignation.
8. April 2017, 21:58
Frühjournal, 22.09.2011
Beamte in "Jobreserve"
Von den neuen Sparplänen sind wieder sehr viele Griechen betroffen. Bei den Pensionen werden Beträge, die über 1.200 Euro hinausgehen, um ein Fünftel gekürzt. Frühpensionisten, die jünger als 55 Jahre alt sind, bekommen um 40 Prozent weniger, über einer Schwelle von 1.000 Euro. Bei den Beamten werden noch mehr Arbeitsplätze gestrichen. Bisher waren es schon 20.000, nun sollen noch einmal 10.000 wegfallen. Die Leute werden für ein Jahr mit 60 Prozent des Gehaltes in einer sogenannten Jobreserve gehalten und dann entweder neu eingesetzt oder entlassen.
Streiks ausgerufen
Auch die Steuern werden ausgeweitet. Die Einkommensgrenze für steuerfreies Einkommen wird von 8.000 Euro im Jahr auf 5.000 Euro gesenkt. Mit diesen drastischen Einschnitten versucht die griechische Regierung, die Geldgeber aus der EU und dem Internationalen Währungsfonds zufrieden zu stellen. Die Gewerkschaften wollen sich mit Generalstreiks wehren, bereits für heute ist ein großer Streik angesetzt.
Wie "heiß" wird der Herbst?
Die Menschen in Griechenland sind frustriert und resignieren, weil immer neue Sparmaßnahmen angekündigt werden, schildert Alkione Karamanolis, Journalistin in Athen, im Ö1-Morgenjournalgespräch. Es wird ein "heißer Herbst" befürchtet. Wie heiß er wird, kommt darauf an, ob die Wut oder die Resignation überhandnimmt.
Morgenjournal, 22.09.2011
Alkione Karamanolis, Journalistin in Athen, im Gespräch mit Hubert Arnim-Ellissen
Existenzen vor dem Ruin
Besonders schlimm ist die Lage für Beamte, die in die "Jobreserve" kommen. Die müssen mit 60 Prozent ihres Grundgehalts auskommen, und das sind nicht mehr als rund 450 Euro im Monat - ein kleines Zubrot vor der wohl unausweichlichen Arbeitslosigkeit. Schwierige Umstände für Menschen, die sich darauf eingestellt hatten, von ihrem Beamtengehalt bis zur Rente und danach von der Pension leben zu können. Das sind Existenzen, die kurz vor dem Ruin stehen. Die Reaktion der Leute wird wohl erst einsetzen, wenn sie erkennen, was die Sparpakete für sie bedeuten.