Umverteilung der anderen Art
Münz: "Umschuldung allein reicht nicht"
Alle die es sich leisten können, müssen zahlen um den Euro zu retten. Ist Europa zur Transfer-Union geworden? Nein, sagt der EU-Experte Rainer Münz. Denn von Anfang an seien in der EU große Summen von reicheren in ärmere Regionen geflossen. Die Transferleistungen würden jetzt aber anders verwendet.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.09.2011
Budget wird großteils umverteilt
In der Europäischen Union fließt seit jeher viel Geld von der Mitte an den Rand. In Irland, Spanien, Portugal, Griechenland wurden Autobahnen gebaut und Betriebe angesiedelt. Auch das Burgenland, in einem der reichsten EU-Länder gelegen, bekam als damaliges Randgebiet massive Förderungen. Das EU-Budget im Umfang von 100 Milliarden Euro pro Jahr ist sogar zum Großteil ein Transferbudget, sagt Rainer Münz von der Forschungsabteilung der Erste Bank und Mitglied des EU-Weisenrates. 75 Prozent der Mittel würden regional umverteilt.
Regionale Unterschiede
Diese Umverteilung sei zum Teil sehr erfolgreich gewesen, wenn auch das Bild gemischt sei, so Münz. Manche Regionen hätten aufgeholt wie Spanien und die meisten neuen EU-Mitgliedsstaaten sowie Teile Skandinaviens. Andererseits gebe es Regionen, wo der Aufholprozess nicht stattgefunden habe, wie Süditalien, Teile Griechenlands und bestimmte Regionen in Deutschland, Frankreich und Belgien.
Rettungsschirm ist anders
Gewirkt hat das Geld vor allem dort, wo damit nachhaltiges Wachstum und Unternehmertum angestoßen wurde und wo von zum Teil sehr niedrigem wirtschaftlichem Niveau aus der Wille zu Erneuerung bestand. Die Förderungen sind dann ein Erfolg, wenn sie für sinnvolle Projekte ausgegeben werden können. Der neue EU- Rettungsschirm unterscheidet sich von den bisherigen Transferzahlungen ganz wesentlich, erstens schon, was die Summe betrifft. Das gesamte EU-Budget eines Jahres beträgt 100 Milliarden Euro. Der Rettungsschirm, an dem neben den EU Staaten auch der Internationale Währungsfonds beteiligt ist, soll aber einen Rahmen von 700 Milliarden Euro haben.
"Umschuldung allein genügt nicht"
Und auch im Einsatz des Geldes liegt ein ganz wesentlicher Unterschied, sagt Münz. Die umverteilten EU-Mittel seien "verlorene" Zuschüsse, die Wachstum ermöglichen, wenn sie sinnvoll investiert werden. Die Mittel des Rettungsschirms hingegen seien Kredite. Und diese Kredite sind nicht für Investitionen gedacht, sondern als Hilfe für die Rückzahlung alter Schulden oder für die Finanzierung neuer Staatsdefizite. "Eine Umschuldung alleine erhöht allerdings nicht die Wettbewerbsfähigkeit von Ländern, dazu sind andere Maßnahmen nötig."
Arbeit beginnt erst
Für die Länder unter dem Rettungsschirm beginnt also die wahre Umbauarbeit erst nach der Rettung. Das Geld dafür kann nur aus neuem Wachstum kommen. So kann man wohl sagen, dass Europa schon immer eine Transferunion war. Aber dieses Wort hat wohl heute eine andere Bedeutung als noch vor zwei drei Jahren.