Turbulenzen in der Koalition

Lehrergewerkschaft gegen Oberstufenreform

Die Reform der Oberstufe an den AHS und BHS hat vor dem Sommer zu Turbulenzen in der Koalition geführt. Aufsteigen mit drei Nicht genügend - das war zwischen SPÖ–Ministerin Claudia Schmied und ÖVP-Verhandler Werner Amon vereinbart. Doch ÖVP-Chef Michael Spindelegger pfiff seinen Mann zurück.

Morgenjournal, 26.9.2011

Stefan Kappacher

"Organisatorischer Super-GAU"

Um den Streit nicht ausufern zu lassen, wurde hastig ein Kompromiss paktiert und der Entwurf schnell in Begutachtung geschickt. Zu schnell, sagt jetzt die Lehrergewerkschaft. Sie befürchtet einen - wörtlich - organisatorischen
Super-GAU. Tatsächlich hat es in der Begutachtung der neuen modularen Oberstufe zahlreiche Einwände und Anregungen gegeben. Der fertige Entwurf wird daher nicht vor Spätherbst vorliegen, heißt es im Unterrichtsministerium.

"Nie bis zur Matura"

An den ersten AHS umgesetzt werden soll die Oberstufenreform schon im nächsten Schuljahr 2012/13. Am härtesten ins Gericht mit den Reformplänen geht die Lehrergewerkschaft, die sich auch um das Fortkommen der Schülerinnen und Schüler sorgt. AHS-Lehrervertreter Eckehard Quin:

"Das System würde es ermöglichen, dass ein Schüler in der gesamten Oberstufe in einem Fach keine einzige positive Note erbringt und bis zur Matura kommt, allerdings dann nie zur Matura antreten kann."

"Milchmädchenrechnung"

Und die Lehrergewerkschaft glaubt auch nicht, dass die Reform ohne Mehrkosten möglich ist. Das Ministerium geht davon aus, dass die zusätzlichen Unterrichts- und Betreuungsangebote im Modulsystem sowie Förderkurse dadurch finanziert werden können, dass weniger Schüler sitzenbleiben und daher auch die Kosten sinken.

Für AHS-Gewerkschafter Quin eine Milchmädchenrechnung, die nicht aufgehen werde. Quin stört auch, dass das Ministerium aus den seit zehn Jahren laufenden Schulversuchen zur modularen Oberstufe nichts lernen will.

Lehrer-Veto aus emotionalen Gründen?

Die Schulversuche haben jedenfalls gezeigt, dass das Modulsystem gut angenommen wird. Am Beispiel des Akademischen Gymnasiums Wien wird allerdings auch deutlich, wie groß die Skepsis unter der Lehrerschaft noch ist. Vor einem Jahr kippte an dieser AHS der Schulversuch durch ein Veto der Lehrer.

"Es waren viele kleine Sachen: organisatorisches, Planbarkeit, unterschiedliche Stundenpläne – vielleicht auch manchmal emotionale Gründe, die gar nicht klar auf dem Tisch lagen", so Direktor Klemens Kerbler über die Gründe.

Schulsprecherin: "Einzelfälle"

Eltern und Schüler am Akademischen Gymnasium Wien haben der neuen Oberstufe jedenfalls nachgetrauert.

Die Bedenken der Gewerkschaft, dass viele Schüler durch das Modulsystem die Matura nicht mehr schaffen werden, teilt Schulsprecherin Valerie Breitenfeld nicht: "Das sind Einzelfälle, die kann man an einer Hand abzählen, denen das Modulsystem eher geschadet hat."

Ringen um Gesetzesentwurf

In diesem Punkt hat ja auch die ÖVP vorgebaut und erzwungen, dass ein Aufsteigen am Ende des Schuljahres nur mit zwei negativen Modulen möglich sein soll und nicht mit drei Nicht Genügend, wie ursprünglich vereinbart. Um den endgültigen Gesetzesentwurf wird zwischen Rot und Schwarz nach diesem Begutachtungsergebnis wohl noch weiter heftig gerungen werden.