Spareifer bei neuen Regierungen
Regionen im Kampf gegen die Schulden
Spanien hat die Rolle des Defizitsünders in der Eurozone an Italien abgegeben, die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit scheint vorerst gebannt. Als wirksamste Maßnahme, die Ruhe auf den Märkten herzustellen, hat sich die Einführung einer verbindlichen Schuldengrenze erwiesen. Der Kampf gegen die Staatsschulden wird nun von den Regionen geführt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 30.09.2011
Eifrige Regionalregierungen
In Kampf gegen die Krise ist der amtierende Premierminister gescheitert. Zapatero gab in seinem letzten Auftritt vor dem Parlament zu, dass er gegen die wachsende Arbeitslosenrate kein Gegenmittel fand. Aus der Politik hat sich der 51-Jährige verabschiedet, wichtige Weichenstellungen bis zum Wahltermin am 20. November sind von seiner Regierung nicht mehr zu erwarten. Damit fällt die Aufgabe, konkrete Sparvorhaben umzusetzen, den Regionalregierungen zu. Viele von ihnen sind seit den letzten Wahlen neu besetzt. Die meist konservativen Regierungschefs gehen mit Eifer an die Arbeit, um rechtzeitig vor dem nationalen Urnengang zu beweisen, dass Sparen möglich sei.
"Wir werden ausgeraubt"
So setzt der katalanische Ministerpräsident Artur Mas den Sparstift beim Spitalspersonal an. Er will das Weihnachtsgeld halbieren. Die Maßnahme soll rund 40 Millionen Euro bringen. Die Antwort der Betroffenen, die – wie Beamte in ganz Spanien – bereits Lohnkürzungen hinnehmen mussten, ließ nicht auf sich warten: Gestern besetzten mehrere hundert Bedienstete die Büros im Gesundheitsamt in Barcelona. Ihr Ruf: "Hände hoch, wir werden ausgeraubt."
Weniger Licht
Der katalanische Regierungschef ist seit vergangenem Dezember im Amt. Er rechtfertigt die Einschnitte mit dem Schuldenberg, den er von der rot-grünen Regierung in Katalonien übernahm. Ähnlich argumentiert die Landeschefin von Navarra, Yolanda Barcina: "Wir sind uns bewusst, dass die Maßnahmen Verständnis und Unterstützung aus der Bevölkerung brauchen." Durch das gezielte Abschalten der Straßenbeleuchtung will man in der kleinen Region in Nordspanien 330.000 Euro bei den jährlichen Stromkosten sparen. Der bescheidene Betrag zeigt, dass es im Kampf gegen das Budgetloch kein Wundermittel gibt. Kleine Summen führen zum Ziel: Die Regionalregierungen dürfen heuer laut einem von der EU abgesegneten Sparplan die Defizitgrenze von 1,3 Prozent des BIP nicht überschreiten.
Lehrerschaft aufgebracht
Zum Exerzierfeld der Volkspartei, die sich bei der Wahl am 20. November die absolute Mehrheit erhoffen, wird die Region Madrid. Hier regiert seit sieben Jahren Esperanza Aguirre. Sie hat inzwischen die gesamte Lehrerschaft und Eltern gegen sich aufgebracht, weil sie von den Professoren mehr Unterrichtsstunden fordert, um bei den Hilfslehrern zu sparen.
Wachsender Unmut
Im Bildungs- und Gesundheitswesen zu sparen, sei falsch und unsozial, sagt der Kandidat der sozialistischen Partei für das Amt des Regierungschefs. Er versprach, im Fall eines Sieges in diesen Bereichen keine Kürzungen vorzunehmen. Die Sparpolitik der Konservativen, die mit vielerlei Rezepten versuchen, zum Ziel zu kommen, wird nicht nur vom politischen Gegner kritisch beurteilt. Auch die Wähler wollen wissen, was sie von einer konservativen Regierung zu erwarten haben. Doch der Obmann der Volkspartei lässt sich nicht in die Karten schauen. Mariano Rajoy: "Wir richten uns an alle Spanier, gleichgültig wie sie denken und wählen. Wir richten uns an jene, die an ein gemeinsames nationales Projekt zur sozialen, wirtschaftlichen und politischen Gesundung unseres Landes glauben." Eine konkrete Antwort auf die Frage, wie er im Fall eines Wahlsiegs den gewaltigen Schuldenberg abbauen will, blieb Mariano Rajoy bisher schuldig.