Krisenfreier Hoffnungsmarkt
Boomland Indien
Indien zählt zu den aufstrebendsten Wirtschaftsgiganten der Welt. Dementsprechend wichtig ist es für die österreichische Wirtschaft, ihre Beziehungen zu Indien zu intensivieren. Gelegenheit dazu bietet der viertägige Staatsbesuch der indischen Präsidentin, Pratibha Devisingh Patil, in Österreich.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 6. 10. 2011
Astrid Lexer-Petermann
Kaufkräftige Oberschicht entsteht
Indien ist ein Land mit vielen Gesichtern: Einerseits: eine kleine, reiche Oberschicht. Andererseits: Massenelend. Doch dazwischen wächst seit 20 Jahren eine aufstrebende Mittelschicht heran, die von der Öffnung Indiens profitiert, und mit ihrer Kaufkraft das Wirtschaftswachstum trägt. Hans-Jörg Hörtnagl, Wirtschaftsdelegierter in Neu Dehli: "Es entsteht eine kaufkräftige Mittelschicht von 300 Millionen Personen, die laufend wächst, die laufend höhere Einkommen hat und die auch etwas leisten will, und das setzt sich in diesem Wirtschaftswachstum um."
Österreichische Exporte rekordverdächtig
Weil Indien seinen Bedarf nicht mehr allein im Inland decken kann, ist das Land auf Importe angewiesen. Das spiegelt sich auch in den österreichischen Handelsbeziehungen zu Indien wider: Die österreichischen Exporte nach Indien befinden sich auf Rekord-Höhenflügen: Allein im ersten Halbjahr 2011 belaufen sich die Ausfuhren auf knapp 400 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von fast 40 Prozent.
Besonders hoch im Kurs stehen österreichische Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge. Aber auch Eisen, Stahl, Arzneimittel und Chemikalien aus Österreich sind auf dem indischen Markt begehrt. Großes Potential sieht der österreichische Handelsdelegierte in den sogenannten Zukunftsbranchen: "Der ganze Bereich Umweltschutz wird immer stärker, gewinnt auch in Indien an Bedeutung, so wie der Bereich Alternativenergien. Solartechnik und Solaranlagen sind ein großes Thema in Indien und da ist zukünftig einiges zu erwarten – auch für die österreichische Exportwirtschaft."
Aufschwung geht weiter
Ein Ende des Wirtschaftsaufschwungs ist derzeit nicht in Sicht, denn Schreckgespenster wie eine abflauende Konjunktur oder eine drohende Rezession sind in Indien noch nicht spürbar: "Indien ist noch nicht so stark in die Weltwirtschaft integriert, ist noch nicht so stark verkoppelt. Es hat ein sehr ausgeprägtes Finanz- und Bankwesen und Indien zählt auf einen starken Wirtschaftsboom."
Erfolgsgeschichte hat auch Schattenseiten
Prognostiziertes Wirtschaftswachstum in den nächsten fünf Jahren: zwischen acht und zehn Prozent. Allerdings hat die indische Erfolgsgeschichte auch ihre Schattenseiten: Indien hat mit einer galoppierenden Inflation von zehn Prozent zu kämpfen, die die indische Notenbank auch mit einer Erhöhung der Leitzinsen nicht in den Griff bekommt. Hörtnagl: "Es hat Auswirkungen, dass sich die Finanzierungen für die Unternehmen erhöhen, dass die Unternehmer etwas vorsichtiger werden und sich dann bei den Investitionen zurücknehmen."
Geduld ist gefragt
Trotzdem haben an die 100 österreichische Unternehmen den Schritt nach Indien bereits gewagt, darunter klingende Namen wie Andritz, Böhler, Wienerberger oder Swarovski. Sie alle sehen in Indien riesiges Potential - brauchen aber vor allem eines: Geduld. Denn in der indischen Bürokratie ticken die Uhren langsamer als in Österreich.