Spielzeiteröffnung am Bayerischen Staatsschauspiel

Martin Kusejs erste Saison

Nach zehn Jahren Intendanz von Dieter Dorn bekommt das Bayerische Staatsschauspiel einen neuen Leiter: den Kärntner Martin Kusej. Kusej verspricht, frischen Wind nach München zu bringen und hat das Ensemble - mit 55 Mitgliedern das zweitgrößte eines deutschsprachigen Theaters - völlig umgekrempelt.

Kultur aktuell, 06.10.2011

"Eyafjallajökull-Tam-Tam" heißt ein neues Stück von Helmut Krausser, das am Sonntag, 9. Oktober 2011, im Münchner Marstall-Theater uraufgeführt wird. Es geht um Menschen, die in einer Wartehalle festsitzen, weil ein Vulkan ausgebrochen ist und Flugasche den Verkehr lahmlegt: 55 Personen und ihre Egoismen, Ängste und Geheimnisse, gespielt von 55 Schauspielern.

"Eyafjallajökull-Tam-Tam", die dritte Premiere des Bayerischen Staatsschauspiels in der Spielzeit 2011/2012, der ersten Spielzeit unter dem neuen Intendanten Martin Kusej, erlaubt dem Zuschauer die Begegnung mit dem kompletten neuen Ensemble des Hauses: Schauspieler, die gerade in einer anderen Produktion beschäftigt sind, werden per Videoeinspielung zu sehen sein. Man darf also gespannt sein auf Elisabeth Schwarz und Manfred Zapatka, Markus Hering und Birgit Minichmayr, Werner Wölbern und Bibiana Beglau, auf August Zirner und seinen Sohn Johannes.

27 Inszenierungen auf drei Bühnen

"Ich habe im Laufe der letzten Jahrzehnte mit sehr vielen tollen Schauspielern zusammengearbeitet, so ist im Grunde ein Fundus an Menschen entstanden, die mich als Künstler interessieren und die ich gern hier an meinem Haus haben wollte", so Martin Kusej. Nicht weniger als 27 Inszenierungen wollen Kusej und seine Mitstreiter in dieser Spielzeit auf die drei Bühnen von Residenztheater, Marstall- und Cuvilliestheater stemmen, der Schwerpunkt liegt dabei auf zeitgenössischer Dramatik: Neil LaBute, Dennis Kelly und Andrew Bovell, Roland Schimmelpfennig, Franz Xaver Kroetz und Kathrin Röggla stehen auf dem Spielplan.

Eröffnet aber wird die Spielzeit mit einem österreichischen Klassiker: mit Arthur Schnitzlers Stück "Das weite Land". "Es ist ja kein Geheimnis, dass ich ein Faible für österreichische Literatur habe und dass ich versuchen werde, hier den bundesdeutschen Raum ein bisschen aufzurollen in dieser Hinsicht", so Kusej. "Ich glaube, dass gerade Grillparzer und Nestroy hier viel zu wenig gespielt werden. Schnitzler gehört auch dazu. 'Das weite Land' hat es schon länger nicht mehr gegeben."

In Kusejs Regie und Martin Zehetgrubers Bühnenbild spielt Eva Mattes die Anna Meinhold, Juliane Köhler die Genia Hofreiter und Tobias Moretti ihren untreuen Mann Friedrich, "eine schon von Schnitzler sehr modern verstandene Figur, der ich wiederum dieses Heroisch-Moderne und Zerrissene nehmen will, indem ich auch zeige, dass das einfach ein verlogenes Dreckschwein ist", sagt Kusej.

Auf Konfrontationskurs

Martin Kusej wird zu seiner ersten Münchner Spielzeit fünf eigene Inszenierungen beisteuern, darunter eine Adaption von Fassbinders "Die Sehnsucht der Veronika Voss" und drei Übernahmen, wie den "Weibsteufel" von Schönherr. Bei den Spielleitern vertraut er auf eine Mischung aus Jung und Erfahren: Neben Wilfried Minks, Calixto Bieto und Frank Castorf, der Ende Oktober Horváths "Kasimir und Karoline" herausbringen wird, werden bei ihm unter anderem Tina Lanik, Barbara Weber und die junge Tiroler Regisseurin Nora Schlocker arbeiten.

"Ich bin jemand, der überhaupt nicht autoritär seine eigene Ästhetik da durchsetzen will", so Kusey. "Mir ist wichtig, dass es aufregend ist, irritierend ist, dass es in aller Munde, und dass man sich darüber auch konfrontieren kann. Also die Konfrontation."

Auf Konfrontationskurs könnte schon die erste Uraufführung der neuen Saison gehen: Der Dramatiker Albert Ostermaier "vergeht" sich am bayerischen Urgestein Franz Josef Strauß und stellt ihn in den Mittelpunkt eines Stücks. "Halali" heißt das Werk. Aufbruchs- und "Jagdstimmung" also bei Kusej & Co.

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