Schalit gegen 1027 Palästinenser

Gefangenenaustausch beginnt

In Israel beginnt der mit der Hamas vereinbarte Gefangenenaustausch. Heute Früh haben die ersten Fahrzeuge mit palästinensischen Häftlingen die Gefängnisse in Israel verlassen und sich in der Nähe der Grenze positioniert. Im Gegenzug zur Haftentlassung hunderter Palästinenser soll der von der Hamas im Gazastreifen festgehaltene Soldat Gilad Schalit freikommen.

Morgenjournal, 18.10.2011

Verteilte Operation

Alles ist bereit zu einer komplexen Austauschoperation. Der Startschuss fällt, wenn der israelische Soldat Gilad Schalit, der mehr als fünf Jahre an einem geheimgehaltenen Ort in Isolierhaft war, von der Hamas aus dem Gasastreifen über die Grenze nach Ägypten gebracht wird. 477 männliche und weibliche palästinensische Häftlinge werden dann an verschiedenen Übergängen freigelassen – 40 werden über Ägypten ins Ausland abgeschoben, rund 100 kehren ins Westjordanland zurück, mehr als 300 werden in den Gasastreifen überstellt.

Moralische Bedenken

Insgesamt wird Israel 1027 Häftlinge für Schalit herausgeben müssen, darunter Dutzende, die wegen schwerer Terrormorde zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Noam Schalit, der Vater des entführten Soldaten, rechtfertigt den Handel, den viele Israelis für moralisch bedenklich und gefährlich halten: "Wenn der Tausch nicht durchgeführt wird, dann wird das leider die teuren Menschen nicht zurückbringen, die bei diesen Anschlägen ermordet wurden, aber es kann das Todesurteil für Gilad bedeuten."

Erst Premier, dann Familie

Von der Grenze soll Schalit per Hubschrauber zum Luftwaffenstützpunkt Tel Nof im Zentrum des Landes gebracht werden. Hier wird er von Premier Benjamin Netanjahu und vom Armeechef Benny Gantz erwartet – und hier soll er auch seine Eltern und seine beiden Geschwister wiedersehen. Wenn alles nach Plan läuft, soll die Familie dann am Nachmittag wieder in ihrem Haus im nordisraelischen Dorf Mitzpe Hila sein.

Feststimmung bei Palästinensern

Zu dieser Zeit wird im Palästinensergebiet groß gefeiert werden, wobei alle Führungsfiguren sich in dem Erfolg sonnen wollen. In Ramallah soll Präsident Mahmud Abbas zu den Heimkehrern sprechen, sein Rivale, der Hamas-Premier Ismail Hanieh, bereitet in Gasa ein wahres Volksfest vor, und in Kairo wollte wiederum Khaled Maschal, der Chef der "Auslands-Hamas", die abgeschobenen Palästinenser in Empfang nehmen.

Erpressungen befürchtet

Sowohl von Israelis als auch von Palästinensern hört man die Vermutung, dass die Hamas nun motiviert sein könnte, wieder einen Israeli zu entführen, um noch mehr Häftlinge freizupressen. (Text: Ben Segenreich)

Übersicht

  • Naher Osten