Knappe Mehrheit der Türken für EU-Beitritt

Türkei blickt mit Optimismus Richtung EU

Gar nicht sorgenvoll in Richtung Eurozone schaut die Türkei. Es geht ihr ja wirtschaftlich bestens. Der türkische EU-Minister Egemen Bagis betont, denn auch, dass die Türkei immer noch an einem EU-Beitritt interessiert sei. Kritik kommt aber an der impliziten Unterstützung mancher europäischer Staaten für die kurdische PKK.

Morgenjournal, 22.10.2011

Begeisterter EU-Anhänger

Falls die EU einen Anwalt braucht, der ihre Vorzüge bei allen Schwierigkeiten hervorzustreichen weiß, dann sollte sie den türkischen Europaminister Egemen Bagis engagieren. "Für uns ist die EU das großartigste Friedensprojekt der Menschheitsgeschichte! Wenn bei Ihnen Briten, Franzosen, Deutsche und Holländer trotz aller Kriege, die es zwischen diesen Ländern gab, glücklich zusammen leben können, dann können sie auch mit uns zusammenleben."

Friedensbotschaft der EU für islamische Welt

Wäre aber auch die Türkei eines Tages Mitglied der EU, folgert Bagis weiter, dann könnte dieses Friedensprojekt schrittweise auf Milliarden
von Menschen in der islamischen Welt ausgedehnt werden. "Die Botschaft der EU ist weitaus größer als Europa und größer als die Türkei."

So leidenschaftlich hat man schon lange keinen Politiker über das vereinigte Europa reden gehört. Doch bei aller Zukunftsmusik geht der
türkische EU-Minister im Gespräch mit ausländischen Journalisten auch auf das ein, was Türkei und EU in der Gegenwart trennt. Das ist bei weitem nicht nur das Stocken der Beitrittsverhandlungen.

Kritik: Europa unterstützt PKK

So wirft die Türkei wirft mehreren europäischen Ländern vor, die kurdische PKK bei ihrem Krieg gegen den türkischen Staat stillschweigend zu unterstützen, oder zumindest zu dulden, und das obwohl die PKK von der EU offiziell als terroristische Organisation eingestuft wird.

Bagis:"Sogar die Regierungen der größten EU-Länder schauen weg, wenn die PKK von türkischen Kleinhändlern Schutzgelder erpresst. Sie alle wissen, dass die PKK das größte Drogennetzwerk Europas hat, aber sie unternehmen viel zu wenig, um dieses Netzwerk zu bekämpfen. In den letzten zehn Jahren wurde trotz unserer Bemühungen kein einziges PKK-Mitglied an die Türkei ausgeliefert."

Streitpunkt EU-Präsidentschaft Zyperns

Europa sollte stärker erkennen, wie viele Interessen es mit der Türkei verbindet, appelliert der Minister. Die türkische Regierung habe jedenfalls nicht, wie oft behauptet, einen politischen Schwenk von West nach Ost vollzogen. Die sechsmonatige Eiszeit, die türkische Politiker mehrfach für nächstes Jahr angedroht haben, wenn Zypern den EU-Vorsitz übernimmt, die ist nach den Worten des türkischen EU-Ministers offenbar nicht wirklich ernst zu nehmen. Bagis sagt: „Für diese sechs Monate werden wir mit der EU-Kommission weiter arbeiten, auch mit dem EU-Parlament. Mit der zyprischen Präsidentschaft werden wir nicht viel zu tun haben. Aber ehrlich gesagt ist das jetzt mit der polnischen Präsidentschaft auch nicht viel anders.“

Knappe Mehrheit für EU-Beitritt

Mit Israel habe die Türkei im Grunde kein Problem. Nur mit der jetzigen israelischen Regierungskoalition, die oft widersprüchliche Signale von sich gebe. Aber das würden seine europäischen Gesprächspartner ähnlich sehen. Glaubt Egemen Bagis noch, dass die Türkei im Jahr 2015 EU-Mitglied werden könne? "Mit jedem Tag brauchen wir die EU ein bisschen weniger, und die EU ein bisschen mehr. So werden wir uns irgendwann in der Mitte treffen, und dann wird es klappen. Daran glaube ich. Eine knappe Mehrheit der türkischen Bevölkerung glaube das auch."