Erfolge für Jung-Parteien

Rechtskonservative verlieren in der Schweiz

7,6 Millionen Schweizerinnen und Schweizer haben am Sonntag ihr neues Parlament gewählt und sie haben den großen Parteien Stimmenverluste beschert. Wahlsieger sind zwei junge. Aber: Die SVP, die rechtskonservative Volkspartei, ist weiterhin stärkste Kraft im Parlament, gefolgt von der SP.

Morgenjournal, 24. 10. 2011

Auf Anhieb 5,2 Prozent

Die beiden Wahlgewinner jubelten, schafften sie es doch auf Anhieb auf sich aufmerksam zu machen. Es handelt sich um Wahlbewegungen in der politischen Mitte der Schweiz. Die bürgerlich demokratische Partei, die BDP, dürfte der SVP Stimmen gekostet haben, hat sie sich doch von den Rechts-Nationalen abgespalten und neu gegründet. 5,2 Prozent im ersten Anlauf war auch für Experten eine beachtliche Leistung. Die Grünliberalen, die für Wirtschaft und Umweltschutz stehen, erhielten 3,9 Prozent der Stimmen der Schweizer Wählerschaft. Michael Zeugin von der Grünliberalen Partei zum Erfolg: "Dass die SVP verliert freut uns, das ist ein Teil unserer Arbeit. Wir sind der Meinung, dass die Politik in der Schweiz wieder konstruktiv geführt werden muss."

Verluste für Großparteien

Großparteien wie die CVP mussten ebenso Verluste hinnehmen, wie die FDP, also die Liberalen. sie zittern bis zuletzt, ob es ihr Parteipräsident Fulvio Pelli überhaupt in das Parlament schafft, es geht um ein paar Stimmen im italienisch-sprachigen Kanton Tessin, die ihm fehlen. Die Sozialdemokraten sind mit einem blauen Auge davongekommen und zweitstärkste Partei geblieben. Toni Brunner, der Präsident, sieht sich aber nicht als Verlierer: "Weil wir bekämpft wurden und weil sich auch sehr viele Parteien gegen uns verbündet haben, ist dieses Ergebnis umso brillanter. Letztlich sind wir ja mit Abstand die stärkste Partei."

Es wird sich nicht viel verändern

An der Sachpolitik in der Schweiz ändert das Wahlergebnis nicht viel, vor allem nicht was die Haltung der Zuwanderung und der Annäherung der Eidgenossen an die EU betrifft. Wohl könnte der angepeilte Atomausstieg doch tatsächlich auch vom neuen Parlament umgesetzt werden, sagt Medienforscher Claude Longchamps: "In der Atomfrage haben Parteien gewonnen, die sehr kritisch sind zu der Atomenergie, vor allem die Grünliberale Partei, die sich sehr kritisch ist und einen geordneten mittelfristigen Ausstieg will und das ist Regierungs- und Parlamentsprogramm und heute besser abgestützt denn je."

49 Prozent Wahlbeteiligung

Im Dezember wird die Regierung gewählt, in der Schweiz wählt das Parlament sieben Regierungsmitglieder, die sich aus den stimmenstärksten Fraktionen zusammensetzen. Die SVP ist im Bundesrat allerdings nur mit einem Sitz vertreten, seit sich die BDP abgespalten hat, und mit Finanzministerin Widmer-Schlumpf eine Bundesrätin stellt. Die SVP hat angekündigt, um diesen Sitz zu kämpfen, dafür braucht Toni Brunner aber die anderen Fraktionen. Im Musterland der Demokratie gingen gestern übrigens nur knapp 49 Prozent der Stimmberechtigten zur Urne.