Deutschland kann sich Minimalkonsens vorstellen
Alleingang bei Finanzsteuer
Zentrales Thema beim G-20-Sondergipfel am Donnerstag in Cannes ist die Regulierung der Finanzmärkte. Es geht um die Bekämpfung des ausufernden Schattenbank-Systems und um die vieldiskutierte Finanztransaktionssteuer. Vor allem Deutschland pocht auf die weltweite Einführung einer solchen Steuer - und steht damit ziemlich alleine da.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 3.11.2011
Maria Seifert aus Berlin
Schäuble will Finanzmärkte zähmen
EU-Kommission und EU-Rat sind dafür, und auch Deutschland ist sie ein wichtiges Anliegen: Die Einführung einer weltweiten Steuer auf Finanztransaktionen. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble argumentiert, eine solche Steuer würde den Staaten nicht nur Geld bringen, sondern auch die Finanzmärkte in ihren "irrationalen Übertreibungen" zähmen.
Deutschland holt Frankreich mit ins Boot
Deutschland hat bereits Frankreich von der Idee überzeugen können. Und Ende September hatte auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso angesichts der Schuldenkrise seine Meinung geändert. Wenn die EU 4,6 Billionen Euro für den Finanzsektor zur Verfügung stelle, dann sei es an der Zeit, dass auch der Finanzsektor einen Beitrag zurückzahle, so Barroso.
London äußert Bedenken
Kurz vor dem Sondergipfel hat Barroso gemeinsam mit EU-Ratspräsident Herman van Rompuy in einem Brief von den Staats-und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer die Zustimmung zu einer Finanztransaktionssteuer gefordert. Doch schon innerhalb der Europäischen Union beißen sich die Befürworter die Zähne aus, nicht zuletzt an Großbritannien.
Widerstand der großen Industriestaaten
London fürchtet die Abwanderung der Finanzindustrie, wenn die Steuer nicht weltweit eingeführt werde. Und danach sieht es derzeit nicht aus: China, Indien und die USA bewerten die Finanztransaktionssteuer als problematisch. Die USA etwa seien zwar auch dafür, dass die Finanzindustrie ihren Anteil an den Belastungen durch die Krise tragen müsse. Man könne sich jedoch eher eine Bankenabgabe vorstellen, anstatt den kleinen Investor zu belasten, heißt es.
Einigung unter Euro-Staaten denkbar
Der deutsche Finanzminister lässt sich in seinem Kampf für die Finanztransaktionssteuer aber nicht abschrecken. Es wäre ihm eine Einigung im Rahmen der G-20-Staaten zwar lieber, er könne sich aber auch vorstellen, schon einmal in Europa anzufangen, sagte er in einem Zeitungsinterview.
Sollten sich aber auch die 27 EU-Mitglieder nicht einigen können, dann könnten zumindest die 17 Euro-Länder mit gutem Beispiel vorangehen und die übrigen Staaten überzeugen, so die Überlegung Schäubles. Beim anstehenden Gipfel in Cannes ist die Einführung der Finanzmarktabgabe jedenfalls mehr als unwahrscheinlich.