Ärztekammer will ELGA stoppen
Kampagne gegen elektronische Gesundheitsakte
Die Ärztekammer mobilisiert mit einer Werbekampagne gegen die elektronische Gesundheitsakte ELGA, ein Prestigeprojekt von SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger. Die Gefahr von Datenmissbrauch sei bei ELGA groß, warnt die Ärztekammer, und fordert einen sofortigen Stopp des Projekts.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 3.11.2011
Monika Feldner-Zimmermann
Aufmerksamkeit durch Nacktbilder
Ein nackter Mann und eine nackte Frau zieren die beiden Sujets, mit denen die Wiener Ärztekammer in Tageszeitungen vor der elektronischen Gesundheitsakte warnt. "ELGA kostet Sie Ihr letztes Hemd" oder "ELGA stellt Sie vor den anderen bloß" lauten die Slogans.
Wenn alle Befunde und sonstigen Gesundheitsdaten elektronisch gespeichert werden, sei die Gefahr von Datenmissbrauch groß, glaubt Johannes Steinhart von der Wiener Ärztekammer, zumal Hackerangriffe in der Vergangenheit gezeigt hätten, dass Daten nicht sicher zentral gespeichert werden könnten.
Gefahr des "gläsernen Patienten"
Daher sei es notwendig, die Versicherten darüber aufzuklären, dass sie zu "gläsernen Patienten" werden, sagt Steinhart. "Wir haben ganz sensible Daten, die dann zentral gespeichert werden und das ist eigentlich nicht notwendig."
ELGA ist eines der wichtigsten Projekte von Gesundheitsminister Alois Stöger. Spätestens ab 2015 sollen sämtliche Befunde, Röntgenbilder, Medikamenteneinnahmen und sonstigen Gesundheitsdaten elektronisch gespeichert werden - außer der Patient oder die Patientin lehnt das dezidiert ab.
Argumente der Befürworter "nicht überzeugend"
Ärzte und Therapeuten sollen per Mausklick raschen Zugriff auf alle medizinischen Daten haben, Doppelbefunde oder Mehrfachverschreibungen von Medikamenten sollen so vermieden und auch Geld gespart werden, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.
Für den Präsidenten der Wiener Ärztekammer sind das keine überzeugenden Argumente. Vielmehr gehe es den Verantwortlichen darum, Abläufe und Verschreibungen zu kontrollieren und zu rationalisieren. Genaue Daten über die Kosten des Projekt will der Minister demnächst vorlegen.
Opposition schießt sich auf Stöger ein
Steinhart fordert deshalb nicht nur einen Stopp des Projekts, sondern setzt sich auch für einen Neustart ein. "Wir müssen diskutieren, wie man so etwas anders und vor allem günstiger machen kann. Patient und Arzt müssen beide etwas davon haben." Die jetzige Vorgehensweise bezeichnet Steinhart als "Hau-Ruck-Aktion."
Kritik kommt aber nicht nur von der Ärztekammer, sondern auch von der Opposition. ELGA sei Pfusch und Rosstäuscherei und diene vor allem dem Kontrollwahn der Institutionen, heißt es von den Grünen. Das BZÖ sieht eine Kostenfalle und auch die Freiheitlichen fordern eine Einstellung des Projekts.
Stöger: "Mehr Nutzen als Kosten"
Von Gesundheitsminister Alois Stöger gibt es vorerst keinen Kommentar zur Werbekampagne. Nur so viel: Man gehe davon aus, dass der Nutzen von ELGA die Kosten um ein Vielfaches übersteigen werde. Daher wolle man das Gesetz weiterhin so zügig wie möglich in der Regierungssitzung einbringen, so die Botschaft aus dem Gesundheitsministerium.