"Bevölkerung wird Auswirkungen spüren"

Schuldenbremse nach deutschem Vorbild

Der deutsche Wirtschaftsexperte Rolf Kroker sieht im Ö1-Interview Parallelen zwischen der deutschen und österreichischen Schuldenbremse. Deutschland sei mit dem Mechanismus zur Eindämmung der Staatsschulden auf einem guten Weg, so Kroker, Auswirkungen auf die Bevölkerung seien aber unvermeidlich.

Morgenjournal, 16.11.2011

Wirtschaftsexperte Rolf Kroker im Gespräch mit

250 Milliarden weniger Schulden

Österreichs Regierung hat am Dienstag im Ministerrat eine Schuldenbremse beschlossen, die in der Verfassung verankert werden soll. Demnach sollen bis zum Jahr 2020 insgesamt 250 Milliarden Euro an Schulden abgebaut werden. Der Schuldenberg des Landes soll von derzeit 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf unter 60 Prozent sinken. Dabei hat sich die Regierung ein Vorbild an Deutschland genommen, das die Schuldenbremse schon 2009 beschlossen hat.

"Defizit gegen Null fahren"

Auch in Deutschland sei es so, dass Bund, Länder und Gemeinden im nächsten Jahr mehr Geld ausgeben als einnehmen, so Kroker im Hinblick auf das österreichische Budget 2012, das Mehrausgaben vorsieht. Die Schuldenbremse würde lediglich dazu beitragen, dass dieses Defizit von Jahr zu Jahr zurückgeführt werde.

In Deutschland müsse der Bund seine Kreditaufnahmen bis 2016 auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - also um insgesamt zehn Milliarden Euro - zurückführen. "Das Ziel ist es, das Defizit langsam gegen Null zu fahren", so Kroker. Dank guter wirtschaftlicher Entwicklung sei Deutschland dabei auf einem guten Weg, resümiert der Wirtschaftsexperte.

"Rotstift bei Beamten und Transferleistungen"

Dass die Auswirkungen der Schuldenbremse auch in der Bevölkerung zu spüren seien, ist laut dem Chefvolkswirt am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln unvermeidbar. Der Staat werde den Rotstift wohl zuerst bei Beamtengehältern und Transferzahlungen ansetzen. Kroker: "Das ist schwierig, aber diesen Weg muss man gehen."

"Positives Signal an Investoren"

Österreich möchte mit der Schuldenbremse vor allem sicherstellen, dass sein Triple-A-Rating nicht gefährdet ist und es weiterhin seine gute Bonität behält. Nachdem es Spekulationen über eine Herabstufung gegeben hat, konnte sich die Regierung überraschend schnell einigen. Diese Einigung habe seine Wirkung nicht verfehlt und sei in jedem Fall ein positives Singal für Investoren, so Kroker.