Scharfe Attacke von Erdogan
Druck auf Syrien steigt
Erst hat die Arabische Liga Syrien vorläufig ausgeschlossen, jetzt hat auch noch die Türkei den Ton verschärft und Syriens Präsidenten Bashar al-Assad scharf attackiert. Letzter Auslöser war der Angriff von offenbar vom Assad-Regime gesteuerten Demonstranten auf das türkische Konsulat in Damaskus.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 16.11.2011
Es berichtet
Erdogan droht Assad
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan griff Assad so frontal wie noch kein westlicher Politiker an. „Bashar“, rief Erdogan vor türkischen Abgeordneten in Ankara, „jemand, der wie Du tausende politische Gegner ins Gefängnis steckt, muss auch imstande sein jene Leute zu bestrafen, die unsere türkische Fahne angegriffen haben!“ Dann ließ Erdogan noch eine Drohung gegen den Diktator folgen: „Die Geschichte hat gezeigt, dass es nicht ohne Folgen bleibt, wenn sich jemand an der türkischen Fahne vergreift.“
Entschuldigung für Türkei zu wenig
Syrien entschuldigte sich zwar für die von oben gesteuerten Ausschreitungen gegen das türkische Konsulat, das genügt den türkischen Politikern aber nicht: Sie haben es offenbar satt, ohnmächtig mitansehen zu müssen, wie im Nachbarland ungeachtet aller Kritik und Warnungen täglich weitere Zivilisten ermordet werden. Nach Angaben der UNO sollen es in den vergangenen acht Monaten mehr als 3.500 Menschen gewesen sein.
Kein Strom mehr für Syrien?
Den scharfen Worten Erdogans folgten am Dienstag bereits Taten. Ankara kündigt die Zusammenarbeit bei der Ölförderung. Das war aber noch nicht alles:
Man könnte sich gezwungen sehen, auch die türkischen Stromlieferungen an Syrien zu überdenken, sagte Energieminister Taner Yildiz. Der Grund: „Weil wir nicht so weiter tun können, als wäre nichts passiert, während in Syrien Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt werden.“ Die endgültige Entscheidung wird der Ministerpräsident treffen.
Vom Bruder zum Feindbild
Für ein Land, das sich vor wenigen Monaten noch als Freund und Verbündeter Syriens bezeichnet hat, sind das starke Worte. Regierungschef Erdogan nannte Assad damals „Bruder“ und verbrachte mit ihm sogar den Urlaub. Westliche Politiker und Kommentatoren sprachen von einer neuen Achse zwischen Ankara, Damaskus und Teheran. Doch davon ist nichts mehr übrig geblieben.
Der arabische Frühling hat das Verhältnis zwischen den drei Ländern grundlegend verändert. Die Türkei scheint mit dem Westen wieder an einem Strang zu ziehen, auch wenn sie sowohl in Syrien als auch im Iran eine militärische Intervention ablehnt.
Gefahren durch neuen Kurs
Die Konfrontation mit dem syrischen Nachbarn, mit dem man eine über 800 Kilometer lange Grenze teilt, birgt aber auch einige Gefahren. Assad könnte versucht sein, die kurdische PKK gegen die Türkei zu unterstützen, wie es bis 1998 der Fall war. In Ankara geht man aber davon aus, dass Syrien einen solchen Schritt nur in Übereinstimmung mit seinem Verbündeten Iran wagen würde. Deshalb hat die türkische Regierung vor einem Monat mit dem Iran ein Abkommen geschlossen, das eine solche Unterstützung der PKK ausschließen soll.
Doch je schärfer die Türkei den syrischen Präsidenten kritisiert, desto mehr wird sie auch vom Iran als Feind wahrgenommen, der den Interessen des Westens dient und der arabischen Welt einen - wie es in Teheran heißt - „amerikanischen Islam“ verkaufen will.