Erste Zwischenfälle
"Castor"-Proteste schon vor Abfahrt
Der zwölfte und letzte "Castor"-Atommüll-Transport aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague verlässt heute das westfranzösische Valognes in Richtung Deutschland. Anders als bei den vorhergehenden Transporten haben sich diesmal bereits am Abfahrtsort mehrere hundert französische Atomgegner versammelt. Am Vormittag ist es bereits zu Zwischenfällen gekommen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 23.11.2011
Tränengas versprüht
Fünf Atomkraftgegner seien festgenommen worden, teilten die französischen Behörden am Mittwoch mit. Mehrere hundert Demonstranten hatten versucht, nahe dem Verladebahnhof Valognes die Eisenbahngleise zu besetzen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Auch über einem Protestlager der Atomkraftgegner nahe Valognes sei aus einem Hubschrauber Tränengas versprüht worden, berichtete ein Sprecherin des französischen Netzwerks für den Atomausstieg ("Sortir du Nucléaire"). "Wir konnten kaum noch etwas sehen", sagte sie.
Großes Sicherheitsaufgebot
Die französischen Behörden haben entlang einer 70 Kilometer langen Strecke, über die der Castor-Zug fahren soll, alle Demonstrationen verboten. Teilweise wurden die Gleise und Zufahrtsstraßen mit Eisenstangen abgeriegelt. Den Atomkraftgegnern wurde untersagt, näher als 500 Meter an die Gleise heranzugehen. Ein Hubschrauber kreiste am Mittwoch über dem Verladebahnhof Valognes nahe der Wiederaufbereitungsanlage La Hague. Dutzende von Mannschaftswagen der Einsatzpolizei CRS waren an der Bahnstrecke im Einsatz.
Hürdenlauf nach Deutschland
Der Castor-Transport wird nach 1200 Kilometern Wegstrecke am Wochenende im deutschen Wendland erwartet. Entlang der Strecke planen Anti-Atomkraft-Initiativen zahlreiche Proteste. Im Vorjahr war es den Atomkraftgegnern immer wieder gelungen, den Zug zu stoppen oder Nachschubwege für die Einsatzkräfte zu blockieren. Mit den Castoren wird deutscher Atommüll aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague nach Gorleben gebracht.
Strahlung nicht zu vernachlässigen
Erstmals überhaupt in Frankreich durfte jetzt auch ein unabhängiges Labor Strahlenmessungen an den Waggons des Castortransports vornehmen. Die Ergebnisse zeigten, dass die geltenden Normen nicht überschritten werden – allerdings, so das Labor, seien die Strahlungen in 30 Meter Umkreis und gerade für das Transportpersonal nicht einfach zu vernachlässigen: "Ein Eisenbahner, der 10 Stunden nur zwei Meter von einem Waggon entfernt verbringen würde, der 0,37 Mikrosievert pro Stunde ausspuckt, dieser Eisenbahner hätte die zulässige Dosis überschritten."
Erstmals in Frankreich hat sich jetzt auch eine Gewerkschaft – und zwar SUD – derartigen Protesten angeschlossen, Eisenbahner aufgerufen, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, wegen Gefahr für das leibliche Wohl die Arbeit niederzulegen. Es ist ein Castor-Transport, der hierzulande, angesichts einer langsam aufkommenden echten Atomdiskussion, in der französischen Öffentlichkeit deutlich grössere Beachtung findet als all die Vorhergehenden.