Keine internationalen Verpflichtungen

Alleingang beim Klimaschutz

Ob die UNO-Klimakonferenz in Durban ein Erfolg wird, hängt entscheidend von China ab. Peking weigert sich weiterhin, wenn es um verpflichtende Klimaschutzziele geht. Statt auf eine verbindliche Senkung seiner CO2-Emissionen setzt Peking im eigenen Land auf eine Steigerung der Energieeffizienz.

Mittagsjournal, 1.12.2011

Aus China berichtet Jörg Winter

Klimaschutz auf Chinesisch

Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist längst zum größten Produzenten von Treibhausgasen aufgestiegen. China hat zwar selbst zuhause Klimaschutzmaßnahmen ergriffen und auch die staatlich gelenkte Presse widmet dem Thema Klima und Umwelt immer mehr Raum. Die Behörden gehen dabei nicht zimperlich vor: Beamte drehen einer Stadt einfach den Strom ab, um die staatlich vorgegebenen Klima- und Energiesparziele zu erreichen. Die Ampeln fallen aus. Fabriken schließen vorübergehend, selbst Krankenhäuser müssen auf Notstromaggregate zurückgreifen. Klimaschutz auf Chinesisch. So passiert in der 600.000 Einwohner zählenden Stadt Anping in der Provinz Hebei im Norden Chinas. Ähnliche Geschichten gibt es auch aus anderen Landesteilen zu erzählen.

Größtes Opfer des Klimawandels

Pekings Klimaschutzpolitik ist immer noch ein Experiment. Es mangelt an Effizienz. Und es gilt nach wie vor: Wachstum hat oberste Priorität. Zwar hat man sich verpflichtet, bis 2020 den CO2-Austoss pro produzierter Einheit des Bruttoinlandsprodukts um mindestens 40 Prozent zu reduzieren. Doch da Chinas Wirtschaft so stark wächst, werden die gesamten CO2-Emissionen bis 2020 deutlich weiter steigen. Der Blick auf die Statistik ist deprimierend. Fast jede Woche geht hierzulande im Durchschnitt ein neues Kohlekraftwerk ans Netz, erzählt Huang Wei, Sprecherin der Umweltschutzorganisation Greenpeace in Peking. Chinas Energiepolitik sei widersprüchlich. China investiert einerseits in großem Stil in erneuerbare Energie, aber nimmt parallel dazu in einer Geschwindigkeit Kohlekraftwerke in Betrieb wie dies die Welt noch nie gesehen hat. China ist längt nicht nur der größte Produzent von Treibhausgasen, sondern auch eines der größten Opfer des Klimawandels. Es kämpft mit Dürre und daraus folgend steigender Armut in vielen Regionen.

Wind, Sonne, Zertifikate

Der Klimawandel könnte in China also zu sozialen Spannungen führen. Sicher nicht nur, aber wohl auch deshalb investiert man in alternative Energiequellen. China produziert mittlerweile mehr Strom aus Windkraftwerken als jedes andere Land der Erde. In der Wüste Gobi will China das angeblich größte Solarkraftwerk der Welt bauen. In mehreren Großstädten wird bereits mit einem Handel an Verschmutzungszertifikaten experimentiert, der jene belohnt, die weniger CO2-Emissionen verursachen.

Wer bekommt den Schwarzen Peter?

Das alles kann aber über eines nicht hinwegtäuschen: China weigert sich weiterhin, verpflichtende CO2-Emissionsgrenzen zu akzeptieren, und wird bei der Klimakonferenz in Durban zu keinen wirklichen Zugeständnissen bereit sein. Peking argumentiert wie die anderen Schwellenländer, wie Indien oder Brasilien auch: Zuerst mögen die reichen Länder handeln, da sie in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung viel weiter und auch für 70 Prozent der historischen CO2-Emissionen verantwortlich seien. Außerdem würden die Pro-Kopf-Emissionen von CO2 in China nur einen Bruchteil jener in europäischen Staaten oder gar in den USA ausmachen. Chinas Chef-Klimaverhandler Xie Zhenhua nahm sich vor seiner Abreise nach Durban kein Blatt vor den Mund. Der Westen solle seine wirtschaftlichen Probleme nicht als Vorwand nehmen, um bei Klimafragen auf weitere Zugeständnisse zu verzichten, meint er. Wer bekommt den Schwarzen Peter zugespielt, wenn in Durban wieder einmal nichts geschieht? Die reichen Länder, so die Hoffnung Chinas.

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