Der Bundeskanzler im Ö1-Journal zu Gast
Faymann will 1,5 Milliarden einsparen
Bis Mitte Februar kündigt SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann ein Konsolidierungspaket von 1,5 Milliarden Euro an. Am liebsten wäre ihm eine Vermögenssteuer auf Grundstücke und große Barvermögen ab 200.000 Euro aufwärts. Auch für eine Schuldenbremse in der Verfassung will sich Faymann weiterhin stark machen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 10.12.2011
Andreas Jölli im Gespräch mit Werner Faymann
"Bestehende Regeln streng einhalten"
"Die Länder Europas sind erst gerettet, wenn die Schulden im Griff sind und das Wachstum wieder ansteigt", so Faymann. Bis dahin sei es ein harter Weg, doch die Beschlüsse am EU-Gipfel seien ein erster, wichtiger Schritt. Das "Neue" an den jüngsten Beschlüssen sei, dass man den Euro-Stabilitätspakt (nicht mehr als drei Prozent Haushaltsdefizit und Begrenzung der öffentlichen Verschuldung auf 60 Prozent des BIP, Anm.) künftig "streng und ernst" nehmen werde.
Er hätte sich so ein Regelwerk, das Schulden von Anfang an nicht zum Kavaliersdelikt erklärt, schon früher gewünscht, sagt Faymann. Doch auch die eigene Regierung trage Verantwortung. So wie alle anderen Länder, habe auch Österreich bei der Verschuldung "zu oft ein Auge zugedrückt".
"EU-Finanzminister vorstellbar"
Die Eurozone müsse verteidigt werden, da sie ein wichtiger Bestandteil Europas sei, so der Bundeskanzler. "Ohne gemeinsame Währung ist es nicht das Europa, das wir wollen." Langfristig müsse sich die EU hin zu einer Steuerunion mit einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung entwickeln, sagt Faymann.
Wie eine solche Regierung aussehen könnte, darüber müsse man aber noch im Detail verhandeln. Er könne sich aber eine Art EU-Finanzminister vorstellen. Eine Volksabstimmung sei in solch einem Fall jedenfalls notwendig, so Faymann.
EU-Gipfelbeschlüsse: "Keine Volksabtimmung"
Für die jüngst am EU-Gipfel gefassten Beschlüsse bedürfe es aber keiner Zustimmung des Volks, so Faymann. Diese hätte nämlich nichts mit einer Änderung der grundsätzlichen Ausrichtung der EU zu tun. Vielmehr gehe es um die Einhaltung bereits bestehender Regeln.
Eine weitere große Aufgabe für die nächsten zwei bis drei Jahre sei es, dafür zu sorgen, dass die Arbeitslosigkeit in den EU-Ländern sinke, so der Regierungschef. In vielen Ländern Europas liege die Arbeitslosigkeit jenseits der 30 Prozent. Wenn nichts getan werde, könne das dazu führen, dass die Menschen ihren Glauben in die Demokratie verlieren, so Faymann. "Und das ist das Schlimmste, was Europa passieren kann."
Weiter Kampf für Schuldenbremse in Verfassung
Faymann will sich jedenfalls weiterhin dafür einsetzen, dass die Schuldenbremse in die Verfassung kommt. "Das erhöht die Ernsthaftigkeit", so der SPÖ-Chef. Er erhoffe sich davon nicht nur ein Sinken der Schulden, sondern auch ein positives Signal an die Märkte. Faymann: "Wir müssen das Vertrauen in die Staatsanleihen wieder zurückgewinnen."
Auf dem EU-Gipfel habe man sich darauf geeinigt, dass eine solche Schuldenbremse künftig auch von der EU-Kommission kontrolliert werde. Österreich dürfe jedenfalls kein Programmland werden, das seine Budgethoheit verliert, wie das etwa bei Griechenland der Fall sei, so Faymann.
Appell an Oppositionsparteien
Derzeit gibt im Parlament keine Zwei-Drittel-Mehrheit, um die Schuldenbremse als Verfassungsgesetz zu beschließen. Alle Oppositionsparteien sprechen sich dagegen aus.
Faymann appelliert daher an die "staatspolitische Verantwortung" von FPÖ, Grüne und BZÖ. Eine konstruktive Opposition könne sich einem solchen Anliegen nicht auf Dauer verschließen, so Faymann. Spätestens Ende nächsten Jahres müsse es eine Einigung geben, so Faymann.
Verwaltungsreform, Pensionen, Förderungen
Schon bis Februar wolle er ein Paket schnüren, mit dem 1,5 Milliarden Euro eingespart werden. Um dieses Ziel zu erreichen bringt Faymann einmal mehr die Verwaltungsreform in Spiel. Zudem müsse man Förderungen durchforsten und genau überprüfen, welche Infrastrukturmaßnahmen man sich noch leisten könne. Konkrete Vorschläge lässt sich Faymann aber nicht entlocken: "Ich will nicht jede meiner Ideen zur Maßnahme erklären."
Auch bei den Pensionen müsse etwas passieren. Er könne sich sogar eine Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters um drei Jahre vorstellen. Die Sozialpartner hatten vor kurzem noch zwei Jahre vorgeschlagen.
"Vermögensbezogene Steuern werden kommen"
Viel zu holen sei auch bei Grundstücken und großen Immobilien, da Österreich hier im europäischen Vergleich wenig Steueraufkommen habe. Konkret kann sich Faymann vorstellen, die Wertsteigerung beim Verkauf von Grundstücken zu besteuern oder etwa Einnahmen durch Widmungsabgaben zu erzielen.
Am liebsten sei ihm aber eine Vermögenssteuer, die Grundstücke und besonders hohe Einkommen ab 200.000 Euro aufwärts mit einschließt. Ohne vermögensbezogene Steuern sei das Budget nicht sozial gerecht sanierbar, daher würden diese "auf jeden Fall" kommen. Für eine Erhöhung der Mineralölsteuer sei er aber nicht.
Studiengebühren: Alles möglich
Zum Thema Studiengebühren sagt Faymann, dass man dieses Thema in der SPÖ diskutieren werde. Er selbst bleibe seiner Meinung, also die Ablehnung von Studiengebühren, treu. Aber: "Ein Parteitag kann natürlich alles ändern."