Sorge um eigene Konjunktur

Wenig Begeisterung über EU-Beschlüsse

In den USA werden die Maßnahmen der EU-Staats- und Regierungschefs zur Lösung der Schuldenkrise höflich, aber mit verhaltener Skepsis beurteilt. Tenor der Kritiker: Europa unternehme zu wenig, um das Wachstum seiner Wirtschaft zu fördern. Im Weißen Haus ist die Sorge groß, dass ein wirtschaftlicher Einbruch in Europa die eigene Konjunktur nach unten ziehen könnte.

Morgenjournal, 12.12.2011

Aus Washington berichtet Wolfgang Geier

Symptom der Krise

Echte Begeisterung klingt anders. Der um betonte Lässigkeit bemühte Moderator des Wirtschaftsmagazins CNN Money kommentiert das Ergebnis des EU-Gipfels in Brüssel so: "Hurra, der Euro ist gerettet, zum gefühlten 782. Mal in diesem Jahr. Vergeben sie mir meinen Mangel an Begeisterung, aber ich bin nicht sicher, ob diese Einigung den Euro wirklich endgültig rettet." Das Ausscheren Großbritanniens wird als Symptom der Krise bewertet: Solange die einzelnen Länder mehr auf sich selbst schauen als auf die Union, in der sie Mitglied sind, solange werde es keine wirkliche Lösung geben, heißt es weiter.

Ähnlich argumentiert auch der Finanz-Analyst im rechtskonservativen Meinungssender Fox News, dem populärsten Nachrichtensender im Land: "Wir wissen nicht, wie viel wirklich gespart wird. Wir wissen nicht, ob alle die neue deutsche Dominanz akzeptieren, und wir wissen nicht, woher all die Billionen zur Rettung des Euro herkommen sollen. Eine Dauerlösung ist das noch keine, nur ein kurzfristiger Euro-Crash ist dagegen abgewehrt."

Obama lässt Sprecher reagieren

Das offizielle Amerika zeigt sich zurückhaltend. In seiner wöchentlichen Radio-Ansprache am Wochenende erwähnt Barack Obama Europa mit keinem Wort. Die einzige Nachgipfel-Reaktion kommt von seinem Sprecher Jay Carney: "Es ist ein Fortschritt. Aber es ist noch viel zu tun. Wir bieten dabei unseren Rat an, wir haben Erfahrung mit solchen Problemen. Aber es ist ein europäisches Problem und die Lösung muss in Europa gefunden werden."

Egal ist dem Weißen Haus die Entwicklung in Europa nicht. Barack Obama will 2012 wieder gewählt werden, doch die mit 8,6 Prozent noch immer ungewöhnlich hohe Arbeitslosigkeit drückt auf die Stimmung. Eine Krise in Europa, könnte die Lage noch weiter verschärfen, das hat Obama seinen Kollegen in der EU noch vor dem Gipfel wiederholt mitgeteilt: "Europa ist unser wichtigster Handelspartner. Mit unserer Wirtschaft geht es langsam aufwärts. Wenn Europa einbricht, würde das Arbeitsplätze in den USA kosten."

"Vertrauen geringer als Wirtschaftswachstum"

Die Vereinigten Staaten haben selbst höhere Schulden als die meisten Mitgliedsländer der EU. Dennoch gibt es eine Euro-, aber keine Dollar-Krise. Das zeigt laut Washington Post, dass die wirkliche Ursache dafür nicht allein in den finanziellen Defiziten begründet liegt: Das Fazit der Analysten: Europa unternehme zu wenig, um seine Konjunktur anzukurbeln. Und das Vertrauen der Anleger in die politische Handlungsfähigkeit der Union und deren Krisenmanagement sei noch geringer als das ohnehin schon schwache Wirtschaftswachstum - so die Washington Post.