Lob und Kritik am Alleingang Camerons

EU-Gipfel: Großbritannien im Abseits

Das "No" David Camerons in Brüssel zur Änderung der EU Verträge sorgt für eine Spaltung in der Union. In Großbritannien gehen die Meinungen darüber auseinander, ob sich das Land ein Eigentor geschossen, oder aber mit seiner Blockadehaltung seinen Platz als internationaler Finanzplatz bewahrt hat.

Morgenjournal, 10.12.2011

Bettina Madlener aus London

Lob von Finanzanalysten

Die Londoner City tritt beruhigt das Wochenende an. Analysten loben David Camerons Alleingang in Brüssel. Er habe sinnvoll gehandelt und die Interessen der britischen Finanzbranche verteidigt, so das Credo. Louise Cooper vom Börsenmakler BGC Partners sagt, Großbritannien habe eine starke Position im Finanzdienstleistungsbereich. "Warum sollte man diese Vorreiterrolle aufgeben wollen, gerade in einer Zeit, in der die Steuereinnahmen aus diesem Bereich so wichtig sind?“, so Cooper.

Beifall von EU-Skeptikern

Die EU-Skeptiker in der konservativen Partei spenden dem Premierminister ebenfalls lauten Beifall. Für viele ist das der erste Schritt zu einem neuen, distanzierteren Verhältnis zur Union. Manche träumen gar von einer Zusammenarbeit mit der EU nach Schweizer Vorbild. Andere sehen nun den Zeitpunkt gekommen, die Mitgliedschaft neu zu verhandeln und endlich das britische Volk in einem Referendum entscheiden zu lassen, ob Großbritannien die EU verlassen sollte.

Koalitionspartner entzürnt

Die Entscheidung, bei der künftigen Fiskalgemeinschaft nicht mitzumachen, könnte gravierende Folgen für David Camerons Regierung und seine Partei haben, fürchtet hingegen der Koalitionspartner. Die Liberaldemokraten sind EU-freundlich und beobachten mit Argusaugen, wie die konservativen Hinterbänkler den Premierminister in der Europapolitik konstant unter Druck setzen.

Viele sind wütend, wie der liberaldemokratische Europa-Abgeordnete Chris Davies. David Cameron habe mit anderen Worten zu den Euroländern gesagt: Ich bin nicht bereit zu helfen, ich rühre keinen Finger. Er habe ihnen einen Tritt in die Zähne verpasst und das werde man in der EU nicht vergessen, befürchtet Davies.

Zum ersten Mal steht die Insel allein da. Die Eurozone hat bereits klar gemacht, dass sie ohne die Briten auskommt. Umgekehrt dürfte das das aber nicht der Fall sein.