Exilpolitiker Farid Ghadry

Syrien: Widerstand wächst

Syriens Regime geht weiter brutal gegen die Oppositionsbewegung vor. Die Opposition hat sich mittlerweile auch im Ausland organisiert. In der Türkei und auch in anderen Ländern versucht sie den Widerstand zu koordinieren. Einer dieser Oppositionspolitiker ist Farid Ghadry. Der Exilpolitiker lebt in den USA und versucht von dort den Widerstand mitzusteuern.

Mittagsjournal, 13.12.2011

Farid Ghadry im Ö1-Interview mit

In Syrien wurden heute elf Menschen von Sicherheitskräften erschossen, Dutzende wurden verletzt. Nach neuen Schätzungen der Vereinten Nationen ist die Zahl der Todesopfer auf mehr als fünftausend gestiegen. Außerdem, sagt die UNO, seien beim Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Protestbewegung wahrscheinlich mehr als 14.000 Menschen festgenommen worden. Die Opposition hat sich im Ausland organisiert. In der Türkei und auch in anderen Ländern versucht sie den Widerstand zu koordinieren.

Einer dieser Oppositionspolitiker ist Farid Ghadry. Er lebt seit Jahren in den USA und hat dort die syrische Reformpartei gegründet. Er hofft auf eine Verschärfung der internationalen Sanktionen und auf einen baldigen Sturz von Baschir al Assad. Der Exilpolitiker ist in ständigem Kontakt mit seiner Heimat und befürchtet dass die Zahl der Opfer viel höher ist als die Schätzungen der UNO.

Bürgerkrieg nicht mehr weit

Farid Ghadry fürchtet eine Eskalation der Gewalt. Die Situation wird immer schlimmer, immer mehr Menschen sterben. Syrien schlittert in einen Bürgerkrieg. Für den Oppositionspolitiker findet zur Zeit in seiner Heimat ein Klassenkampf statt: „Es ist ein Kampf zwischen denen, die haben, und denen die nichts haben. Die Reichen Händler-Familien kommen größtenteils aus Damaskus und Alleppo. Diese beiden Städte sind unter ihrer Kontrolle. Der von uns aus Protest gegen die Kommunalwahlen ausgerufene Generalstreik wurde in diesen beiden Städten fast gar nicht befolgt. Abgesehen von diesen beiden Städten gibt es aber sehr viel Armut, viel Entbehrung. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Das sind Hauptgründe für die Rebellion in Syrien. Das sind die Menschen die auf die Straße gehen. Und das ist die Mehrheit“.

Opposition auf Ausland angewiesen

Für Ghadry besteht der bewaffnete Arm der Opposition aus den Deserteuren der Armee von Baschir al Assad: „Es gibt zwei Arten von Deserteuren. Jene, die gegen das Regime kämpfen wollen, und jene die nicht auf ihre Landsleute schießen wollen. In letzter Zeit wollen immer mehr gegen das Regime kämpfen weil ihnen bewusst wird, dass man die Tragödie nur aufhalten kann indem man das Regime bekämpft“.

Die Opposition braucht aber Unterstützung aus dem Ausland. Sanktionen allein sind nicht genug, sagt Ghadry. Man braucht auch eine Flugverbotszone. Denn die Menschen müssen Orte haben, wo sie sicher sind. Und man muss auch der aus Deserteuren bestehenden Befreiungsarmee die Möglichkeit geben, das Regime zu stürzen.

Regime muss stürzen

Und der Gründer der syrischen Reformpartei ist kategorisch: „Wir müssen das Regime stürzen, es ist eine Regime des Terrors. Es verwendet Gewalt und Terror wie ein Werkzeug“.

Das direkte und politische Ziel muss es jetzt sein, die Flugverbotszone durchzusetzen. Und zwar sollte das direkt von der Arabischen Liga kommen, sagt Ghadry. Wenn sich die Arabische Liga einig ist, könnte sie auch China und Russland von der Notwendigkeit überzeugen.

Töten muss gestoppt werden

Und schließlich der wichtigste Punkt für die syrische Opposition: Und da sind sich alle Parteien im In- und Ausland einig: Man muss dem Töten ein Ende bereiten.

Die Oppositionspolitiker sind sich auch darüber einig, die Tage des syrischen Präsidenten sind gezählt. Doch keiner, auch nicht Farid Ghadry, wagt zu sagen, wie lange Baschir al Assad noch an der Macht sein wird.