SPÖ rüttelt an Hochschulautonomie
Neue Wendung in Uni-Debatte
Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle will die Misere an den Unis mit Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen beheben. Die SPÖ versucht nun die Diskussion in eine neue Richtung zu drehen: Bildungsministerin Claudia Schmied meldet Zweifel am System der autonomen Universitäten an. Damit sind die Verhandlungen um den Hochschulplan um einen weiteren Aspekt bereichert.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.12.2011
"Entscheidungen nicht Unis überlassen"
Im gestern von ÖVP-Wissenschaftsminister Töchterle vorgelegten Hochschulplan ist auch die Studienplatzfinanzierung enthalten. Damit das Sinn macht, müssten Zugangsregelungen her, so Töchterle und die Uni-Rektoren einhellig. Sie wollen mit neuen Hürden das Problem der Massenstudien in den Griff kriegen. Doch so einfach sei das nicht, kontert SPÖ-Ministerin Claudia Schmied: "In Österreich werden die Universitäten überwiegend aus Steuermitteln finanziert", so Schmied. Die Entscheidung, in welche Bereiche investiert werde, könne man nicht den Universitäten überlassen. Zuletzt hatte Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) die Uni-Autonomie in Frage gestellt - in Zusammenhang mit den Einsparungen am Wiener AKH, das eine Universitätsklinik ist.
Dorn im Auge
Die Autonomie der Universitäten ist 2002 unter Schwarz-Blau beschlossen worden und war der SPÖ immer ein Dorn im Auge. Unterrichtsministerin Schmied hält den Unis vor, immer nur auf die Zugangszahlen zu schauen und andere Fragen auszuklammern, etwa das Angebot für die berufstätigen Studierenden oder der optimale Ablauf von Prüfungen. Es gehe auch um die Verweildauer im Studium und um die Nutzung der Infrastruktur. "Vier Monate steht sie jedenfalls leer", so Schmied.
All das erfordere politische Gestaltung, so Schmied - der bewusst ist, dass sie hier ein ideologisches Feld betritt: "Autonomie ist ein ähnlich besetzter Begriff wie Gemeinsame Schule." Er gehe dabei um die Frage der "public governance", der öffentlichen Verantwortung und Steuerung.
Energie für neue Mittelschule
Stichwort gemeinsame Schule: Schmied erklärt in ihrer heutigen Jahresbilanz, warum sie dieses Ziel nicht intensiver weiter verfolge. Es sei eben mit der ÖVP nicht machbar: "Warum soll ich meine Energie auf etwas verwenden, was derzeit nicht durchsetzbar ist." Das investiere sie die Energie lieber dort, wo Schule neu entwickelt werde. Also in die Umsetzung der Neuen Mittelschule, die verstärkt auch ganztägig angeboten werden soll. Und da kann sich die SPÖ-Ministerin eine Spitze gegen den Koalitionspartner nicht verkneifen. Mit einer ideologisch unterfütterten Namensschöpfung: Sie wolle "die NMS zur GGS weiterentwickeln", also von der Neuen Mittelschule zur "Gemeinsamen Ganztägigen Schule" zu kommen. Erster Schwerpunkt wird übrigens die Umsetzung der neuen Zentralmatura. Die entsprechende Verordnung dazu kommt Anfang 2012.