Putin-Gegner gespalten

Moskau: Politische Landschaft im Umbruch

Seit Wochen protestieren in Russland Tausende, weil sie die Parlamentswahl für gefälscht halten. Allein am Samstag waren es in Moskau über 100.000 Menschen. Die bisher allumfassende Macht von Premier Wladimir Putin ist damit ins Wackeln geraten. Allerdings ist die Opposition uneinig. Bei der Präsidentenwahl hat sie keinen gemeinsamen Kandidaten.

Mittagsjournal, 27.12.2011

Opposition gewinnt an Einfluss

Das Rennen ist offen. Die Großdemonstration in der Sacharov-Allee vergangenen Samstag hat die politische Landschaft grundlegend geändert. Die Opposition hat erstmals das Gefühl, die Politik des Landes wirklich beeinflussen zu können und die Führung rund um Wladimir Putin weiß offenbar noch nicht, wie sie mit dieser Herausforderung umgehen soll.

Doppeltes Spiel des Kremls

Ein Teil des Machtapparates setzt offenbar auf Unterdrückung. Gestern wurde in Moskau der Oppositionsaktivist Sergei Udaltsov zu weiteren zehn Tagen Haft verurteilt. Udalzov sitzt bereits seit mehreren Wochen in Haft und befindet sich deshalb seit Anfang Dezember im Hungerstreik. Die neue Leitfigur der Opposition Alexej Navalny kritisiert das Urteil daher scharf:
"Wenn irgendjemand eine gewaltsame Revolution in Russland provoziert, dann sind es Richter, die solche Urteile sprechen. Udaltsov ist wirklich in Lebensgefahr und könnte im Gefängnis sterben. Aber die Obrigkeit will uns damit zeigen: Ihr demonstriert in der Sacharow-Allee und wir demonstrieren unsere Kraft eben im Gericht.", sagt Navalny im Gespräch mit dem Radiosender Moskauer Echo.

Präsidentenwahl: Kein gemeinsamer Gegenkandidat

Der Internetblogger und Anti-Korruptionskämpfer Navalny ist im Moment die wichtigste Führungsfigur der neuen Protestbewegung und saß nach dem Wahltag selbst 15 Tage im Gefängnis. Deshalb kann er auch nicht an den Präsidentschaftswahlen Anfang März teilnehmen. Die Einreichfristen für die Kandidatur sind inzwischen zu Ende. Bei der Wahl wird Putin kein echter Oppositionskandidat gegenüberstehen.

Der einzige Kandidat der ihn herausfordern könnte ist der Multimilliardär Michail Prochorow, der aber in der Opposition viele Gegner hat und auch in der Bevölkerung nicht besonders beliebt ist. Außerdem wird Prochorow vorgeworfen, seine Kandidatur mit dem Kreml abgesprochen zu haben.

Putin-Gegner: Zu bunt gemischt

Die Opposition ist auch keine geeinte Kraft. Ultranationalisten haben am Samstag gemeinsam mit Anti-Faschisten, Liberalen und Kommunisten demonstriert. Eine Allianz, die langfristig keinen Bestand haben kann. Dementsprechend vage ist daher auch Navalnys Forderung: "Ich bin dafür, dass freie Wahlen ausgerufen werden, auch für die Präsidentschaft. Wenn es freie Wahlen gibt werden neue Politiker auftauchen, normale Politiker und mit denen werde ich dann in Wettstreit treten und versuchen die Menschen von mir zu überzeugen."

"Beruhigungspillen" für aufgebrachte Bevölkerung

Aber nicht nur die Opposition, auch die Führung sucht nach einem neuen Kurs. Auf der einen Seite kündigen sowohl Wladimir Putin als auch Noch-Präsident Dmitri Medwedew an, einigen Forderungen der Demonstranten nachzukommen. So soll schon ab kommendem Jahr die Gründung von Parteien erleichtert werden und regionale Amtsträger sollen wieder gewählt und nicht vom Kreml ernannt werden.

Kreml-Ziel: Opposition spalten

Gleichzeitig gibt es gezielte Provokationen, wie die Verurteilung des Aktivisten Sergei Udaltsov. Am Donnerstag soll es eine Demonstration gegen das Urteil geben, die voraussichtlich nicht offiziell erlaubt wird. Die Polizei hätte daher die Möglichkeit, alle Teilnehmer zu verhaften. Der Kreml versucht auch, die Opposition zu spalten: Die Ernennung des ultranationalistischen Politikers Dmitri Rogosin zum Vizepremier ist ein klarer versuch die Nationalisten auf Seite des Kreml zu ziehen.