Opposition hofft auf Durchbruch

Spannung vor Großdemo in Moskau

In Russland ist heute ein Lostag, wie die Proteste gegen die Führung von Wladimir Putin weitergehen. Zwei Wochen nach der ersten friedlichen Großdemonstration findet heute eine neue Versammlung für die Wiederholung der gefälschten Parlamentswahl von Anfang Dezember statt.

Morgenjournal, 24.12.2011

Putin entgleitet die Initiative

"Ich liebe meine Kinder und will, dass sie in einem normalen Land leben" - Michail Schatz ist nur einer von dutzenden Prominenten, die in den letzten Tagen solche und ähnliche Videos ins Internet gestellt hat. Alle mit einem weißen Band in der Hand, dem Symbol der neuen Protestbewegung, gefolgt vom Text: "Für freie Wahlen, 24.12., 14 Uhr in der Sacharow-Allee". Seit der ersten Großdemonstration am Bolotnaja-Platz vor zwei Wochen entgleitet der Führung von Wladimir Putin immer mehr die politische Initiative, die Gesellschaft kommt in Bewegung.

"Plötzlich bewegt sich etwas"

Nicht nur die bisherigen Oppositionellen treten offen gegen die Führung auf, auch Unternehmer, Komödianten wie Michail Schatz, Unternehmer, Vertreter der High-Society-Menschen, die bisher nichts mit Politik zu tun haben wollten, erklärt der Journalist und Oppositions-Aktivist Michail Schenderowitsch: "Putin und Medvedev tun weiterhin so, als wäre überhaupt nichts passiert, als würden sie weiter die politische Tagesordnung bestimmen. Aber die politische Tagesordnung bestimmen jetzt wir! Vor dem Bolotnaja-Platz haben sie sich ganz anderes verhalten. Sie haben schon begonnen sich zu bewegen", sagt Schenderowitsch dem Radiosender Moskauer Echo. Plötzlich rede Präsident Medvedev davon, dass das politische System sich selbst überlebt habe, plötzlich verspreche Premier Putin, dass Lokalpolitiker wieder gewählt und nicht vom Kreml ernannt werden sollen, plötzlich werden Maßnahmen angekündigt, die Korruption im Beamtenapparat wirkungsvoll zu bekämpfen. Vor den Massenprotesten sei von all dem keine Rede gewesen.

Hoffen auf Massenbeteiligung

"Wohin sich das Land weiter bewegt, hängt davon ab, wie viele zehntausend Menschen am 24. zu der Demonstration kommen. Und wenn es hunderttausende werden, gibt es eine große Veränderung", sagt Schenderowitsch. Wie viele werden zu der Demonstration kommen - das ist die größte Frage, seit Tagen. Den Organisatoren scheint es gelungen zu sein, die ideologischen Unterschiede zwischen den verschiedenen beteiligten Gruppen zu überbrücken. Im Internet wurden innerhalb kürzester Zeit mehrere zehntausend Euro Spenden gesammelt, um eine ordentliche Bühne, Tonanlage und andere organisatorische Dinge zu bezahlen.

Und das System bröckelt, wie das Beispiel des Kömodianten Michail Schaz zeigt. Als sich Tina Kandelake, eine Kreml-nahe Society-Größe beim gemeinsamen Arbeitsgeber, dem Fernsehsender STS, beschwerte, dass Schaz politische Werbung mache, gab es vom Sender eine sofortige Reaktion: Schaz bleibt. Von Kandelake habe man sich aber im gegenseitigen Einvernehmen getrennt.