Aufruf zu Weihnachtsprotesten
Einschüchterungskampagne gegen Opposition
Oppositionelle rufen für den 24. Dezember zu Massendemonstrationen in ganz Russland. Zugleich sehen sich führende Oppositionelle einer Hetzkampagne ausgesetzt. Ihre Emails werden gehackt und Telefongespräche veröffentlicht. Das sei kein Zufall, sagen viele Beobachter und vermuten Putins Regime hinter diesen Einschüchterungsversuchen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 21.12.2011
Telefongespräche veröffentlicht
Es sind Gespräche, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren und dennoch in Russland für Schlagzeilen sorgen: Ein für seine Sensationsgier bekanntes Internetportal hat heimlich mitgeschnittene Telefongespräche des bekannten Oppositionellen Boris Nemzow veröffentlicht. Darin schimpft und flucht Nemzov über andere Oppositionelle, die derzeit, ebenso wie er, gegen das Putin-Regime auf die Straße gehen und zu Demonstrationen am kommenden Samstag aufrufen.
Verdacht gegen Putin
Nemzow, der das Internetportal nun verklagen will, ist überzeugt, dass diese peinliche Affäre kein Zufall ist: "Diese Gauner, die in der Boulevardpresse Privatgespräche veröffentlichten, haben nur ein Ziel, nämlich die Opposition auseinander zu dividieren und so die Massenproteste vom Samstag klein zu halten." Nemzow vermutet den Machtapparat Putins hinter dem heimlichen Mitschnitt seiner Telefongespräche. Tatsächlich sollen Anteile des betroffenen Internetportals einem schwerreichen Putin-Vertrauten gehören.
Auch für den Politologen Dmitri Oreschkin ist klar, dass die Staatsmacht hinter den Telefonmitschnitten steckt: "Man weiß doch, wer Telefone abhören kann. Wenige Tage vor den nächsten Massenprotesten soll gegen den Oppositionellen Nemzow Stimmung gemacht werden. Das zeigt, wie nervös die Obrigkeit angesichts dieser Demonstrationen ist."
Weitere Opfer
Unterdessen ist Boris Nemzov nicht der einzige Oppositionelle, der Opfer seltsamer Angriffe wird. So löschten unbekannte Hacker die Einträge des Schriftstellers Boris Akunin in einer bekannten Blogseite. An deren Stelle erschien ein neuer Eintrag, in dem Akunin als Revolutionär beschimpft wurde. Zuvor wurde die Emailadresse Akunins gehackt. Boris Akunin demonstrierte zuletzt ebenfalls gegen die Parlamentswahlen und ist einer der Organisatoren der Massenproteste am kommenden Samstag.
Kampagne dürfte Wirkung verfehlen
Ungemach droht Regierungskritikern in diesen Tagen auch vom staatlich kontrollierten Fernsehen: Demnächst soll ein Dokumentarfilm den Oppositionellen Boris Nemzow und den sowjetischen Ex-Präsidenten und Putin-Kritiker Gorbatschow in äußerst schlechtem Licht erscheinen lassen. Doch wer auch immer die Einschüchterungskampagne gegen die russischen Oppositionellen lanciert hat, sie dürfte die Proteste gegen Putin und seinen Machtapparat nur noch mehr anheizen.