Immofinanz durchleuchtet Urlaube von Ex-Chef Petrikovics
Urlaub statt Dienstreise?
Im bisher größten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien - dem Fall Immofinanz - ist mit weiteren Anklagen zu rechnen. Dabei wird auch ein besonders pikanter Vorwurf geprüft: Der ehemalige Immofinanz-Chef Karl Petrikovics soll über Jahre hinweg Urlaube als Dienstreisen deklariert haben.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 10.1.2012
Dienstreisen nach St. Moritz und Dubai
Karl Petrikovics war einer der bestbezahlten Manager Österreichs. 41.000 Euro am Tag hat er verdient - laut seinen eigenen Angaben gegenüber der Justiz - und zwar als Vorstandsvorsitzender der Constantia Privatbank und der Immofinanz AG. 41.000 Euro würde daher auch ein Urlaubstag kosten. Aber laut Anwesenheitslisten, die Ö1 vorliegen, hat Petrikovics zwischen 2004 und 2006 nur zwei Urlaubstage genommen. Dafür war er bis zu 194 Tage im Jahr auf Dienstreisen. Jedes Jahr im Februar etwa in St. Moritz - zwischen fünf und neun Tage lang. Auch fünf Tage Dubai und neuntägige USA-Aufenthalte scheinen auf.
Berufliches mit Privatem vermischt
Petrikovics habe wohl Dienstreisen durch Urlaube verlängert und Berufliches mit Privatem vermischt, so der Vorwurf der Immofinanz unter ihrer derzeitigen Führung. Der Schaden gehe in die Millionen Euro. Häufig sollen auch zwei Flugtickets und ein Doppelzimmer gebucht worden sein. Offenbar sei Petrikovics da in Begleitung gereist. Und 2006 scheint eine Art einmonatige Weltreise auf - von Kitzbühel über Rio in die USA, dann auf die Fiji-Inseln, nach Sydney, Bangkok, Seoul und schließlich Tokio.
Petrikovics-Anwalt dementiert die Vorwürfe
Petrikovics-Anwalt Christopher Schrank entgegnet, für diese und 26 andere Reisen könne er Tag für Tag geschäftliche Termine belegen, bei Konferenzen, Besichtigungen oder Immofinanz-Projekten etwa in den USA. In St. Moritz habe die Immofinanz ein Hotel- und Wohnungs-Projekt betrieben und Petrikovics sei auch gar kein Schifahrer. Wenn Petrikovics auch übers Wochenende im Ausland war, sei es nicht verwerflich, dass seine Frau auf Privatkosten mitgereist ist. Der ehemalige Constantia-Bank und Immofinanz-Chef Petrikovics fordert sogar 3,3 Millionen Euro Urlaubsersatz und Urlaubsablöse vom Immofinanzkonzern und hat den Millionenbetrag zivilrechtlich eingeklagt - für Urlaubstage, die er aus seiner Sicht nicht konsumiert hat.
Verdacht auf Untreue
Die Staatsanwaltschaft Wien aber prüft in Richtung Untreueverdacht - auch gezielt wegen möglicherweise als Dienstreisen deklarierter Urlaubstage, bestätigt Thomas Vecsey von der Staatsanwaltschaft Wien. Das sei Teil des Prüfauftrags an den Gerichtssachverständigen Gerhard Altenberger. Vor drei Wochen hatte die Staatsanwaltschaft bereits eine erste Anklage erhoben - gegen Petrikovics und vier weitere Beschuldigte, wegen mutmaßlicher Bildung einer kriminellen Vereinigung und Untreue im Ausmaß von 32 Millionen Euro, weil sie sich durch illegale Aktienoptionsgeschäfte bereichert hätten. Petrikovics hat gegen diese Anklage berufen.