Notenbankchef Ewald Nowotny im Interview

Ungarn keine Gefahr für heimische Banken

Die Europäische Union beginnt das neue Jahr mit alten Problemen: Griechenland soll zu wenig sparen, der Euro ist unter Druck und die Banken sind vorsichtig bei der Kreditvergabe. Nationalbank-Gouverneuer Ewald Nowotny spricht im Interview mit Hanna Sommersacher über den Ausblick der nächsten Monate.

Nervöse Finanzmärkte

Seit Ungarn bekannt gegeben hat, dass das Budget-Defizit im vergangenen Jahr weit höher lag als geplant, ist auf den europäischen Finanzmärken die Nervosität gestiegen. Europas Banken hinterlegen immer mehr Geld bei der Europäischen Zentralbank, anstatt das Geld weiter zu verleihen. Wegen all der Unsicherheiten gerät der Euro unter Druck. In Österreich gibt es dafür positive Nachrichten in Sachen Kreditwürdigkeit. Am Dienstag hat nach der Ratingagentur Moody's auch die Agentur Fitch das Top-Rating Triple-A für Österreich bestätigt. Hanna Sommersacher hat den Gouverneuer gefragt, ob die Diskussion um Österreichs Kreditwürdigkeit damit beendet ist.

Morgenjournal, 11.1.2012

Ö1: Ist die Diskussion um die Kreditwürdigkeit nun beendet?

Nowotny: Die Frage der Kreditwürdigkeit Österreichs ist etwas, was sich immer wieder von neuem bewähren muss. Aber es ist immer wieder erfreulich zu sehen, dass eben doch die hohe Stabilität Österreichs bestätigt wurde.

Aber fehlt da nicht der nötige Druck zum Sparen in Österreich?

Ein Blick auf die internationale Entwicklung sollte genügen, um zu wissen, dass dieser Druck akut ist und dass wir das auf jeden Fall machen müssen. In den Begründungen der Rating-Agenturen wurde aber speziell darauf hingewiesen, dass das eben deshalb gemacht wurde, weil man erwartet, dass Österreich entsprechende Maßnahmen setzt.

Das heißt: Österreich braucht die Schuldenbremse und das Sparpaket trotz Top-Rating?

Unbedingt, das ist eine Bedingung dafür, dass wir dieses Top-Rating erhalten können.

Alle EU-Staaten - bis auf Großbritannien - wollen die Schuldenbremse in der Verfassung verankern. Ist die Schuldenkrise damit überwunden, oder könnte Ungarn nun zur neuen Achillesferse werden?

Eine Schuldenbremse kann eine Schuldenkrise nie überwinden. Die hat die Aufgabe eine Schuldenkrise zu verhindern. Die aktuelle Problematik, die wir in Europa haben, ist von dieser Schuldenkrise ja gar nicht unmittelbar zu erfassen. Hier haben wir ein Problem in Ungarn. Ich hoffe, dass das entsprechen gelöst werden kann.

Könnte uns da noch Schlimmeres drohen aus dem Nachbarland?

Es ist kein Geheimnis das Österreich und österreichische Banken in Ungarn stark engagiert sind. Unser Engagement sind etwa 30 Milliarden, inklusive Ankauf von Staatspapieren. Die österreichischen Banken sind dafür mit ausreichend Kapital ausgestattet. Das heißt, es besteht keine Gefahr für die österreichischen Banken, aber es ist natürlich wieder eine Herausforderung.

Griechenland wird vorgeworfen, wieder zu wenig zu sparen. Wann reißen die Griechen endlich das Ruder herum?

Das Problem, das sich jetzt unmittelbar zeigt, ist die Frage, ob es durchführbar ist, den Privatsektor an der Schuldenlast zu beteiligen. Und diese Verhandlungen laufen. Jedem Beteiligten ist klar, dass es hier um sehr viel geht.

Der Euro ist zum Dollar zu Wochenbeginn auf den tiefsten Stand seit Monaten gefallen. Europas Banken hinterlegen immer mehr Geld bei der Europäischen Zentralbank. Also: neues Jahr, neue Krise?

Die Krise, die wir ja unbestreitbar in Europa haben hält sich leider nicht an Neujahrsfeiern, sondern wir haben die grundlegende Problematik weiter, dass wir einerseits eine sehr schwache Wachstumserwartung haben und dass wir andererseits einen erheblichen Refinanzierungsbereich, sowohl für die Staaten, wie auch für den Bankenbereich haben. Und hier sind ja eine ganze Reihe von Maßnahmen vereinbart worden. Was jetzt dringend notwendig ist, ist das diese Maßnahmen auch entsprechen umgesetzt werden. Und ich denke, solange das nicht wirklich der Fall ist, wir weiterhin mit einer erheblichen Unsicherheit rechnen müssen. Was Österreich selber betrifft, haben wir doch eine relativ bessere Konstellation. Das heißt: ja es gibt eine erhebliche, schwierige Situation in Europa insgesamt, das gilt aber nicht für alle Einzelstaaten der EU.

Wird die Zentralbank jetzt Vertrauen schaffen, in dem sie ihr Programm zum Kauf von Staatsanleihen massiv ausbaut?

Ich muss sie um Verständnis bitten, ich bin Mittwoch und Donnerstag in Frankfurt. Ich nehme an den entsprechenden Sitzungen teil und hier gibt es ein absolutes Verbot vorher konkrete Dinge zu sagen.