Gleich vier Kundgebungen
Neue Demos in Russland
In Moskau sind für trotz klirrender Kälte gleich vier Großdemonstrationen angekündigt, drei der Opposition und eine zur Unterstützung des Präsidentschaftskandidaten Wladimir Putin. Noch hat Putin gute Chancen, seine Position zu halten, weil im Wesentlichen nur die städtische Mittelschicht mit dem System unzufrieden ist.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 4.2.2012
Aus Moskau berichtet Markus Müller
Beschränkte Protestbewegung
Bis zu 50.000 Demonstranten sind für den Protestmarsch der Opposition angemeldet, bis zu 50.000 auf der Kundgebung für Wladimir Putin, dazu noch einige tausend bei den beiden anderen Oppositionskundgebungen. Am bisherigen Höhepunkt der Proteste Ende Dezember waren allein in Moskau mehr als 100.000 Menschen auf der Straße. Jetzt werde man sehen, ob die Proteststimmung während der Weihnachtsferien und den vielen Feiertagen im Jänner nicht verpufft ist, sagt die Politikwissenschaftlerin Olga Kamenchuk vom führenden russischen Meinungsforschungsinstitut VCIOM: "Die Teilnahme wird hoch sein, trotz der Minus 15 bis minus 20 Grad, die vorhergesagt sind. Auf die Straße geht die kreative Mittelschicht, die ein normales Leben führen will, die sich über Korruption und Willkür ärgert und die nicht damit zufrieden ist, die die Wahlen gefälscht wurden. Aber bisher sind die Proteste auf diese Gruppe beschränkt."
Politische Formierungen
Die politische Szene ist auf jeden Fall in Bewegung gekommen. Wladimir Putin hat eine ganze Reihe von personellen Änderungen in seinem Team vorgenommen. Und auf Seiten der Opposition wird langsam klar, wer für was steht und welche Allianzen es gibt. So hat die radikal-oppositionelle Linke Front ein Bündnis mit der Kommunistischen Partei vereinbart. Die Bürgerrechtler, die nur gegen die Wahlfälschungen protestieren haben die Liga der Wahler gegründet, die sich mit den Politikern darüber streitet, ob die Demonstrationen für eine bestimmte politische Partei seien sollen oder doch nur für freie Wahlen, ohne parteipolitischen Hintergrund.
Wer will eine Revolution?
Ob es wirklich zu politischen Änderungen komme hänge aber von anderen Fragen ab, sagt Politikwissenschaftlerin Kamenchuk: "Ich hoffe sehr, dass Lehren gezogen wurden, wie das mit der Ankündigung des neuen Wahlmodus für Gouverneure ja zum Teil bereits passiert ist. Denn so wie es war kann es nicht weitergehen. Es ist für die Führung einfach nicht genug, sich nur auf die Arbeiter zu stützen, auf die Bauern und die Leute die in der Provinz leben. Gerade in Russland sind Revolutionen zuletzt immer von der Hauptstadt ausgegangen, auch wenn eine Revolution eigentlich niemand wirklich will."
Kein Zweifel an Putin-Sieg
De Regierung müsse daher versuchen, die städtische Mitteklasse wieder in das politische System zu integrieren, von der es sich jetzt ausgeschlossen fühlt. Klar sei aber, dass Wladimir Putin die Präsidentschaftswahl gewinnen wird, auch ohne Fälschungen. Kein anderer russischer Politiker sei auch nur ansatzweise so bekannt und beliebt wie er. Fraglich sei nur, ob er im ersten oder im zweiten Wahlgang gewinnt. Für seine Legitimität und Glaubwürdigkeit sei es auf jeden Fall besser, wenn es zwei Wahlgänge geben würde.