Proteste reißen nicht ab
Putin gerät in Bedrängnis
Im März will Wladimir Putin mit klarem Ergebnis zum Präsidenten gewählt werden, aber die Zeichen stehen schlecht: denn die Proteste gegen den Wahlbetrug bei den Parlamentswahlen und gegen Putins Regime reißen nicht ab.
8. April 2017, 21:58
Am Sonntag haben Tausende Regierungskritiker in Moskau an einem Autokorso gegen Regierungschef Putin teilgenommen. Putin reagiert darauf in einer Zeitung, die als regierungskritisch gilt: er verspricht eine neue Wirtschaftspolitik mit weniger staatlichem Einfluss.
Mittagsjournal, 30.01.2012
Aus Moskau,
Lauter Widerstand gegen Putin
Es war ein ungewöhnlicher Anblick im Moskauer Straßenverkehr: unzählige Autos, ob große Mercedes oder kleine klapprige Ladas fuhren mit weißen Ballons oder Bändern verziert drei Stunden lang hupend über eine Stadtautobahn. Am Straßenrand winkten ihnen Fußgänger mit weißen Tüchern und Bändern zu.
Wahl im Dezember gab Ausschlag
Weiße Bänder sind das Symbol der Protestbewegung, die nach den von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahlen im Dezember erwacht ist. Organisiert hat den sonntäglichen Protest die vor kurzem gegründete "Liga der Wähler", eine von Künstlern und Journalisten gegründete Bewegung, die sich für faire Präsidentschaftswahlen am vierten März einsetzt.
"Bei früheren Protesten dieser Art hat die Polizei immer gleich alle Autofahrer verhaftet", sagte einer der Organisatoren, Ilja Ponamarjow. "Jetzt haben sie uns ziehen lassen, es waren einfach zu viele."
Neue Demo am 4. Februar
Rund 3.000 Fahrzeuge haben sich nach Schätzungen der Autoren am Autokorso beteiligt. Doch es gehe nicht um die Anzahl, sondern um die Wirkung der Aktion, betonte der Blogger und Oppositionelle Alexei Nawalny:
"Wichtig ist es doch zu sehen, wie viele Leute insgesamt teilgenommen haben, in den Fahrzeugen und am Straßenrand. Es war ein friedlicher und fröhlicher Protest und eine wunderbare Werbung für die nächste Massenkundgebung am 4. Februar"
Putin mit versöhnlichen Tönen
Am Samstag finden im ganzen Land wieder Großkundgebungen statt, in denen Zigtausende Regierungskritiker faire Wahlen und einmal mehr auch ein Russland ohne Putin fordern werden.
Unterdessen schlägt Regierungschef Putin selbst, der Anfang März zum dritten Mal Präsident werden will, unermüdlich Wahlkampftöne an.
Heute verspricht er in einem Gastbeitrag für die regierungskritische Wirtschaftszeitung "Wedomosti" eine neue Wirtschaftspolitik.
Russland könne sich keine Wirtschaft leisten, die weder Stabilität, noch Souveränität noch Wohlstand garantiere, so Putin. Deshalb müsse die Wirtschaft diversifiziert und die Abhängigkeit vom Rohstoffsektor verringert werden. Putin will die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen eine bessere Infrastruktur und einen stärken Dienstleistungssektor. Russland müsse den Rückstand mit den großen Playern der Weltwirtschaft, wie etwa den USA, aufholen. Putin kritisiert auch das Geschäftsklima in Russland, das viele Investoren abschrecke. Zu den größten Problemen gehöre die Korruption, mangelnde Transparenz und die fehlende Kontrolle von Beamten, Zöllnern und im Justizsystem.
Alle Macht den Oligarchen
Putins Wirtschaftsprogramm stößt bei Kritikern auf wenig Gegenliebe. Putin tue so, als sei er die letzten Jahre nicht an der Macht gewesen, heißt es. Sauer aufstoßen dürfte vielen Beobachtern auch, dass Putin in seinem Wirtschaftsprogramm die Oligarchen verteidigt, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion bereicherten: Diese Privatisierung in den 1990-er Jahren sei zwar unfair gewesen, so Putin. Doch viele der Profiteure hätten sich längst als Unternehmer mit sozialem Gewissen erwiesen.