Sparmaßnahmen wirklich sinnvoll?

Demonstranten setzen Athen in Brand

Das griechische Parlament hat das Sparpaket beschlossen und damit getan, was die Europäische Union verlangt hat. In Brüssel gibt man sich noch zurückhaltend. Die griechische Bevölkerung allerdings reagierte sofort. In der Nacht auf Montag haben gewalttätige Demonstranten Teile des Stadtzentrums Athens in Brand gesetzt.

Mittagsjournal, 13.2.2012

Griechenland nach der Abstimmung, aus Athen Ernst Gelegs

Schockiert über "enorme Schäden"

"Wir haben enorme Schäden", sagte der Bürgermeister der griechischen Hauptstadt, Giorgos Kominis, im Fernsehen. Hauptstraßen, Einkaufsstraßen und der zentrale Syntagmaplatz vor dem Parlament sahen am Montagmorgen aus wie ein Trümmerfeld.Die Müllabfuhr und dutzende Mitarbeiter der Stadt arbeiteten am Morgen auf Hochtouren, um die Trümmer zu beseitigen. 45 Gebäude wurden nach Feuerwehrangaben in angezündet. Einige davon brannten völlig aus.

Zahlreiche Läden und Banken wurden schwer beschädigt und geplündert, dutzende Ampeln zerschlagen. Empörte Händler standen am Morgen ratlos vor den Trümmern ihrer Geschäfte. Alle Parteien des Landes verurteilten die schweren Ausschreitungen.

Mittagsjournal, 13.2.2012

Ernst Kernmayer, Analyse aus Brüssel

Mindestlohn auf 580 Euro gesenkt

Wie immer hatte alles friedlich begonnen. Rund 10.000 Menschen zogen am Abend vor das Parlament, um gegen Sparmaßnahmen zu demonstrieren, die sie für unzumutbar halten. So werden 15.000 Staatsangestellte gekündigt, der Mindestlohn auf 580 Euro gesenkt und sogar Lohnerhöhungen in der Privatwirtschaft verboten, bis die Arbeitslosenrate auf zehn Prozent gefallen ist. Derzeit beträgt sie 20 Prozent.

Zweifel am Sinn des Sparkurses

Im griechischen Parlament wurde lange diskutiert, ob die Maßnahmen Griechenland wirklich helfen oder eher die Wirtschaft abwürgen und so das Land in die Pleite treiben. Und auch nach der Abstimmung gebe es Zweifel an dieser Strategie, sagt ORF-Europakorrespondent Ernst Kernmayer.

"Griechenland leidet seit fünf Jahren unter einer schweren Rezession, die Arbeitslosenrate liegt über 20 Prozent. Wie soll Griechenland seine Schulden bezahlen, wenn es kein Wachstum mehr gibt? Wenn die Arbeitslosigkeit steigt und somit auch die Steuereinnahmen wegfallen?", fasst Kernmayer die Bedenken vieler Griechen zusammen. Und dennoch sei eine Alternative zu den rigorosen Sparmaßnahmen derzeit nicht in Sicht.

Brüssel zeigt sich abwartend

In Brüssel, wo die Geldgeber Griechenlands sitzen, sei aber noch nichts von einer großen Erleichterung zu spüren. Denn das parlamentarische "Ja" zu neuen Sparmaßnahmen wäre nur eine der verlangten Voraussetzungen für das nächste Hilfspaket in Höhe von mindestens 130 Milliarden Euro.

Die zweite Voraussetzung ist ein schriftliches Bekenntnis der beiden Regierungspartien PASOK und Neo Demokratia, dass diese Vereinbarung auch über die nächsten Wahlen hinaus gültig ist. Doch dieses Bekenntnis fehlt noch. Am Mittwoch treffen sich die EU-Finanzminister, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

"Umbau Griechenlands kann Jahrzehnte dauern"

Nur Sparen sei ohnehin zu wenig, um Griechenland wieder auf gesunde Beine zu stellen, sagt ORF-Korrespondent Kernmayer. "Der griechische Staat braucht einen Gesamtumbau, und das wird Jahrzehnte dauern. In dieser Zeit wird das Land weiter auf Hilfe von außen angewiesen sein."

Denn ein solcher Totalumbau brauche Zeit. Kernmayer: "Ich erinnere daran, wie lange alleine in Österreich über vergleichsweise läppische Verwaltungsreformen diskutiert wird."