Volkskongress verabschiedet Gesetz

Verschärfte Haftbedingungen für Regimegegner

Regimekritiker können künftig in China ganz legal sechs Monate einfach an einem unbekannten Ort festgehalten werden. Ein solches Gesetz hat der Volkskongress in Peking bei seiner Abschlusstagung verabschiedet. Es ist eine der größten Novellen des chinesischen Strafgesetzes seit 15 Jahren. Sie bringt Verschlechterungen für politische, aber Fortschritte für gewöhnliche Straftäter.

Mittagsjournal, 14.3.2012

Aus Peking,

Machtwechsel im Herbst

Zehn Tage lang hat der Volkskongress in Peking getagt. Zum Abschluss verspricht der Premierminister weitere Reformen. Drei Stunden lang dauert die Pressekonferenz von Wen Jiabao. Es ist die letzte in seiner Funktion bevor im Herbst der Machtwechsel eingeläutet wird. Wen Jiabao: "Wir brauchen jetzt politische Reformen, sonst können wir unsere wirtschaftlichen Reformen nicht vollenden, und das, was wir erreicht haben, wäre gefährdet", sagt Wen Jiabao.

Freiheitsentzug jetzt legitimiert

Das Wort Reformen erfreut sich stets großer Beliebtheit bei politischen Großveranstaltungen in China. Kurz bevor sie der Premierminister wieder einmal einmahnt, verabschieden die Abgeordneten im Volkskongress artig was ihnen zuvor vorgelegt wurde - eine Novelle zum Strafgesetz, die auch in China selbst äußerst umstritten ist. Die Zensoren kämpfen derzeit gegen eine Welle an Kritik in den Internetforen. Stündlich verschwinden tausende kritische Beiträge aus den Mikroblogs.

Auch internationale Menschenrechtsgruppen haben das neue Gesetz scharf kritisiert. Das Gesetz sei eine Gefahr für die Kritiker der Regierung und für Menschenrechtsaktivisten, heißt es etwa bei Human Rights Watch. Häusliche Überwachung nennen Chinas Behörden euphemistisch das vorübergehende Verschwinden-Lassen von kritischen Geistern. Ein solcher Freiheitsentzug wird durch das neue Gesetz jetzt endgültig legimitiert.

Er ist bis zu sechs Monaten möglich, Verdächtige haben in dieser Zeit keinen Anspruch auf einen Anwalt. Die häusliche Überwachung kann bei Bestechungsfällen, Terrorismusverdacht und eben auch bei der Gefährdung der Staatssicherheit erfolgen. Letzterer Anklage wird gerne gegen politisch Andersdenkende erhoben.

Auch einige Erleichterungen

Doch bringt das neue Strafgesetz auch eine Reihe an Fortschritten für all jene, denen keine politischen Straftaten vorgeworfen werden. Der Zugang zu Anwälten wird erleichtert, illegal etwa durch Folter erzwungene Geständnisse dürfen nicht mehr vor Gericht verwendet werden, das Jugendstrafgesetz wird abgemildert, was zu einer deutlichen Abnahme der Zahl jugendlicher Straftäter in Chinas Gefängnissen führen dürfte. Doch wurde schon bisher viel in Gesetzen festgeschrieben. Und es wäre nicht das erste Mal, dass Gesetze dann in der Praxis von den Behörden einfach ignoriert werden.