Rolle der Türkei immer schwieriger
Flüchtlingsstrom aus Syrien ufert aus
Auf zehntausend Flüchtlinge aus Syrien war die Türkei eingestellt, doch nun dürften es bald sehr viel mehr werden. Allein in den letzten 24 Stunden haben über tausend Syrer die Grenze ins Nachbarland überquert, obwohl Assads Truppen auf Flüchtlinge schießen und die Verminung der Grenze angekündigt wurde.
27. April 2017, 15:40
Morgenjournal, 16.3.2012
Türkei will Pufferzone
Besonders aus der Umgebung der Stadt Ildib im Nordwesten Syriens laufen viele Menschen davon, weil sie befürchten, Assads Armee könnte dort in den nächsten Stunden ein Massaker anrichten. Wenn immer Flüchtlinge in die Nähe einer Kamera oder eines Mikrofons kommen, stimmen sie Sprechchöre gegen Assad an. "Wir danken Euch", ruft ein Mann mit weißem Bart den türkischen Rotkreuz-Helfern zu. Und, an Präsident Assad gewandt: "Dich Bashar, werden wir zum Rücktritt zwingen!" Bei aller Dankbarkeit der Flüchtlinge gegenüber dem Nachbarland fürchtet die türkische Regierung doch, dass sich unter sie auch Kämpfer der kurdischen PKK mischen könnten. Das ist einer der Gründe, warum die Türkei nach den Worten von Außenminister Davutoglu vorhat, auf syrischem Gebiet eine Pufferzone zu errichten.
"Nur Lebensmittelhilfe"
Dass Präsident Assad seine Legitimität jemals wieder zurück gewinnen könnte, schließt Davutoglu aus. Auch die Wahlen, die er für Mai angekündigt hat, würden nichts bringen und höchstens eine Farce sein. Davutoglu hat auch auf Assads Vorwurf geantwortet, dass die syrischen Rebellen von der Türkei Waffen bekämen. Insgesamt sieben desertierte Generäle befinden sich zur Zeit im Süden der Türkei und koordinieren von hier aus den Widerstand gegen Assad. "Hätten sie direkte Unterstützung von der Türkei, dann würden ihre Waffen wohl nicht so armselig aussehen", sagt der türkische Außenminister. Von seinem Land gebe es nur Lebensmittelhilfe– und die sogar in Notfällen für Soldaten Assads. So hätten kürzlich syrische Regierungstruppen, die vom Nachschub abgeschnitten worden seien, um Essen gebeten. Und die Türkei habe ihnen geholfen.
Gratwanderung der Türkei
Eine Begebenheit, die zeigt, dass die politische Gratwanderung der Türkei in diesem Konflikt immer schwieriger wird. Einerseits hat Ankara den früheren Verbündeten Assad schon lange abgeschrieben. Andererseits sind die Bemühungen, den Iran und Russland gegen Assad zu mobilisieren, bisher gescheitert. Und in einen Interventionskrieg auf der Seite des Westens will sich die Türkei auf keinen Fall hineinziehen lassen.
So bleibt vorläufig nichts anderes übrig als auf immer Flüchtlinge zu warten. In der Zwischenzeit wurde ein Containerdorf für weitere 10.000 Syrer gebaut. In verschiedenen Teilen des Landes werden Sporthallen für die Unterbringung syrischer Familien vorbereitet. Dass der Winter bald zu Ende geht, macht die humanitäre Hilfe einfacher. Doch der syrische Frühling scheint noch in weiter Ferne zu liegen.