Offenlegung von Einkommen und Vermögen?

Unklarheit über ÖVP-Verhaltenskodex

ÖVP-Obmann Michael Spindelegger hat mit der Ausarbeitung eines Verhaltenskodex für seine Leute unter anderen den Politikwissenschaftler und Juristen Wolfgang Mantl beauftragt. Dessen Vorstellungen sind noch nicht sehr konkret, nur so viel: Es dürfe kein "zahnloses Wellness-Geplapper" werden.

Mittagsjournal, 20.3.2012

Neue Sauberkeit

Vorbilder für solche Verhaltens-Codizes gäbe es mehr als genug. Ein ganz berühmter Verhaltenskodex ist der Demokratievertrag für FPÖ-Mandatare, den Jörg Haider 1998 erfunden hat. Anlass war die Affäre um den Abgeordneten Rosenstingl, der Parteigelder veruntreut und sich dann nach Brasilien abgesetzt hatte. Die Vorwürfe, denen sich die ÖVP ausgesetzt sieht, sind ja nicht so dramatisch. Aber das Ziel von Haider damals und Spindelegger heute ist das gleiche: von der leidigen Korruptionsdebatte ablenken und die neue Sauberkeit ausrufen.

"Fürchten uns vor nichts mehr"

Die Regeln dafür sollen die ehemalige Nationalbank-Präsidentin Maria Schaumayer, der langjährige Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber und der Grazer Jurist Wolfgang Mantl bis zum Sommer erstellen. Die drei haben laut Mantl völlig freie Hand, allerdings auch noch keine präzisen Vorstellungen. An einem Punkt, und das hat Haider der ÖVP schon vor fast 15 Jahren vorgemacht, wird man aber nicht vorbeikommen: die völlige Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse.

"Das wird einer der wirklich wichtigen Punkte sein", sagt Wolfgang Mantl dazu. "Man wird danach trachten, etwas zu finden, das mehr ist als Sprechblasen. Das wird nicht leicht sein." Eine Zurückweisung seitens der Partei fürchtet Mandl nicht: "Wir sind so alt, dass wir auch eine große Freiheit haben und uns vor nichts mehr fürchten."

Sanktionen bis Ausschluss

Der Kodex müsse natürlich auch Sanktionen enthalten, die bis hin zum Parteiausschluss gehen - auch von Mandataren, die dann eben wilde Abgeordnete wären, sagt Mantl: "Es darf nicht zahnloses Wellness-Geplapper sein." Es soll also jedenfalls mehr sein als die Deklaration des ÖVP-Parlamentsklubs zur Ethik in der Politik, die man am 30. März 2011 schnell, schnell als Reaktion auf die Affäre um Ernst Strasser beschlossen hatte. Darin enthalten ist das Bekenntnis zur überfälligen Schließung von Gesetzeslücken gegen Korruption, die zum Teil immer noch der Schließung harren, und dazu Phrasen über das politische Handeln nach Grundwerten und zum Wohle der Menschen.

Blick nach Straßburg und Brüssel
Vorbild für den ÖVP-Verhaltenskodex könnte hingegen jener des EU-Parlaments sein, der im Dezember des Vorjahres beschlossen worden ist: mit detaillierten Vorschriften zur Einkommenstransparenz, Limits für die Annahme von Geschenken und einer Veröffentlichungs- und Meldepflicht bei Einladungen.