EU hat zu langsam reagiert

Krise kann nur global gelöst werden

Nach Ansicht eines der renommierten Banker Europas, Axel Weber, ist die Schuldenkrise kein europäisches sondern ein globales Problem. Höchste Bonitätsbewertungen sind rar geworden. Gefährlich seien die hohen Schuldenstände, wie auch die Neuverschuldungen. Die Krise jedenfalls könne die EU nicht alleine lösen, ist Weber überzeugt.

Mittagsjournal, 22.3.2012

Er war als deutscher Bundesbankchef einer der wichtigsten Notenbanker Europas und aussichtsreichster Kandidat für den Chefsessel in der Europäischen Zentralbank EZB – der 55 Jahre alte Deutsche Axel Weber. Er hat den einflussreichen Posten abgelehnt, weil er mit dem Staatsanleihekaufprogramm der EZB nicht einverstanden war. Und er hat zu wenig Rückendeckung für seinen Kurs im Zusammenhang mit der Schuldenkrise in Europa ausgemacht. Künftig wird Weber das Kontrollgremium der Schweizer Großbank UBS leiten. Axel Weber war jüngst in Linz, wo er einen seiner ersten Auftritte seit Monaten absolviert hat. In der Raiffeisenlandesbank hat er sich ausführlich der Maßnahmen gegen die Schuldenkrise angenommen.

Schuldenkrise global zu lösen

Nach Ansicht des renommierten Wirtschaftswissenschaftlers ist die Schuldenkrise kein europäisches sondern ein globales Problem. Die höchsten Bonitätsbewertungen würden rar werden. Gefährlich seien die hohen Schuldenstände, noch gefährlicher das Tempo, mit dem, sich manche Länder neu verschuldet haben.

Wer künftig einen Schuldenstand hat, der der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht, der werde erhebliche Probleme bekommen, die Verbindlichkeiten zu reduzieren. Ohne grundlegende wie umfassende Reformen würde das Wachstum, gerade in den Industrieländen, nur noch gering ausfallen – wenn es denn weiterhin ein Wachstum gibt. Die großen Fehler in der Budgetpolitik hätten die Regierungen während der guten Zeiten gemacht, sagt Weber und nennt als Beispiel Griechenland. Athen habe nicht nur in schlechten Zeiten Defizite gehabt, sondern auch in guten. Jeder wüsste aber, dann man in guten Zeiten vorsorgen müsse, um in schlechten gegensteuern zu können.

Bei Athen zu lange gewartet

Eine der großen Fehler der Europäer sei ebenso eine Annahme gewesen – die Krise samt Folgen selbst lösen zu können. Eine der Schwächen des Wachstums- und Stabilitätspaktes sei es, dass Bewertungen innerhalb der EURO-Gruppe vorgenommen werden, die Länder zu freundlich miteinander umgegangen seien und Probleme nicht benannt hätten. Im Fall Griechenland hätte gleich und nur der Internationale Währungsfonds helfen sollen und zwar langfristig. So hätte die EU viele Probleme nicht in den Kern der Währungsunion getragen.

Vertrauen verloren

Weber konstatiert einen massiven Vertrauensverlust der so genannten Märkte. Die Anleger hätten begonnen, den Wert sowie das Risiko von Anleihen komplett neu zu bewerten. Die Politik müsse verstehen, dass es kein Grundrecht auf Verschuldung und Kredit gibt. Wenn der international Kapitalmarkt nicht bereit ist, Staatsdefizite zu finanzieren, dann habe man sich zwangsläufig danach zu richten und die Ausgaben zu senken.

Mehr Integration, mehr Wettbewerb

Einmal mehr spricht sich Axel Weber im Zuge seines Vortrags in Linz für ein Mehr an Integration auf europäischer Ebene aus. Er befürwortet eine Fiskalunion, auch wenn das lange dauern werde.

Europa müsse sich für den internationalen Wettbewerb fitter machen. Ohne Wettbewerbsfähigkeit gerade gegenüber den Schwellenländern in Asien werde es kaum Wachstum geben. In dieser Region würden junge, gut ausgebildete Menschen zu Hause sein, die ihre Lebensverhältnisse verbessern wollen. Finde Europa keine Antwort darauf, werde es marginalisiert.

Kein Weitblick

Axel Weber vermisst bei den europäischen Regierungen Weitblick und Durchsetzungsvermögen. Die Politik müsste sich aufraffen einmal so langfristig zu denken, wie es die meisten Menschen tun würden.