"Ablasshandel", "Skandal", "ein Witz"

Opposition verteufelt Steuerabkommen

Während sich Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) über ein unterschriftsreifes Steuerabkommen mit der Schweiz freut, hagelt es von Seiten der Opposition herbe Kritik. Bei der EU-Kommission in Brüssel ist man äußerst skeptisch und kündigt eine genaue Prüfung an.

Abendjournal, 12.4.2012

"Schlag ins Gesicht ehrlicher Steuerzahler"

Für die FPÖ ist der Deal ein "Ablasshandel für kriminelle Steuerhinterzieher". FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mutmaßt, dass die "Motivation zur Steuerehrlichkeit" sinken wird. Er wünscht mehr Steuerfahnder und Betriebsprüfer in Österreich. Der stellvertretende Klubobmann der Grünen, Werner Kogler, warf Finanzministerin Fekter vor, Steuerbetrug und Geldwäsche zu verharmlosen. Österreich sabotiere damit eine gemeinsame Vorgangsweise der EU gegen Steuerhinterziehung, so Kogler. BZÖ-Chef Josef Bucher spricht von einem Schlag ins Gesicht ehrlicher Steuerzahler. Die Finanzministerin solle "endlich die Interessen jener Bürgerinnen und Bürger vertreten, die ihrer Steuerpflicht in Österreich ehrlich nachkommen."

Lohn für Steuerflucht

Ins selbe Horn stößt der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl: "Es ist ein Skandal, wie die großen Steuersünder geschont und begnadigt werden sollen, nur um das Budgetloch zu stopfen". In der Schweiz seien mindestens 15 bis 25 Milliarden Euro Schwarzgeld aus Österreich gebunkert - daraus gerade einmal eine Milliarde Euro lukrieren zu wollen, sei "ein Witz". Auch die Globalisierungskritiker von "Attac" sehen Steuerflüchtlinge belohnt.

ÖGB-Präsident Erich Foglar bezeichnete die Einigung hingegen als grundsätzlich positiv.

Unterzeichnung in Bern

Österreich und die Schweiz haben sich darauf verständigt, bisher unversteuerte Gelder von Österreichern auf Schweizer Bankkonten einmalig und pauschal mit 15 bis 38 Prozent zu besteuern. Finanzministerin Maria Fekter und ihre Schweizer Amtskollegin Eveline Widmer-Schlumpf wollen das Abkommen am Freitagnachmittag in Bern unterzeichnen.

Abendjournal, 12.4.2012

Skepsis in Brüssel

In der EU-Kommission hält sich die Begeisterung in Grenzen - vorsichtig gesagt. Die Kommission hält gar nichts davon, wenn einzelne EU-Länder Sondervereinbarungen mit der Schweiz treffen, Österreich ist ja nach Deutschland und Großbritannien das dritte Land. Besonders ärgerlich aus der Sicht der Kommission: Österreich gilt in der EU selbst als Steueroase, wo Steuerhinterzieher durch das Bankgeheimnis geschützt sind.

Genaue Prüfung angekündigt

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta ist am Donnerstag nicht in Brüssel, kennt die genauen Details des Steuerabkommens zwischen Österreich und der Schweiz also noch nicht. Aus seinem Büro heißt es aber, man werde das Steuerabkommen genau unter die Lupe nehmen, wenn es am Freitag unterschrieben werden sollte. Denn jeder bilaterale Vertrag, der gegen die EU-Richtlinie zu Sparzinsen oder gegen EU-Abkommen mit Drittstaaten verstoße, würde geltendes EU-Recht untergraben. Deshalb will die Kommission auch die anderen Steuerabkommen mit der Schweiz prüfen. Generell vertritt Semeta die Position, dass ein Bankgeheimnis keinesfalls Steuerhinterzieher schützen darf.