"Keine Kleinigkeiten"

Ungarn: Kommissarin Reding "knallhart"

Der Streit zwischen EU-Kommission und Ungarn geht weiter. EU-Kommissarin Viviane Reding verlangt ein beschleunigtes Verfahren von den Europäischen Höchstrichtern. Dass Europa gegen Ungarn ungleich härter vorgeht als gegen andere Mitglieder, weist Justizkommissarin Viviane Reding im Ö1 Interview zurück. Es gehe "knallhart" um europäisches Recht.

Morgenjournal, 26.4.2012

Justizkommissarin Viviane Reding im Gespräch mit Cornelia Primosch.

"Keine Kleinigkeiten"

Ungarn wird nur teilweise vom Haken gelassen - die EU-Kommission stellt nur ein Vertragsverletzungsverfahren ruhend, jenes das die Notenbankgesetzgebung betrifft. In weiteren zwei Punkten beharrt die Kommission auf einem Verfahren. Es gehe dabei weder um Ideologie noch um Emotionen, sagt Reding, sondern "hier geht es knallhart um europäisches Recht". In zwei Fällen, nämlich Unabhängigkeit der Justiz und Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten, gehe man zum Europäischen Gerichtshof und verlange ein beschleunigtes Verfahren. "Dass es hier nicht um Kleinigkeiten geht, zeigt die Tatsache, dass Ungarn vorhat, von heute auf morgen 274 Richter frühzeitig zu entlassen. Das sind zehn Prozent der gesamten ungarischen Richterschaft. Das kann so nicht richtig sein."

Weiter Druck auf Ungarn

Beim Punkt der Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank habe man das Versprechen bekommen, dass alles richtig laufen wird und habe daher einen gewissen Vertrauensvorschuss gegeben, erläutert Reding. Der Streit sei nicht beigelegt, sondern nur auf Eis gelegt. "Ungarn bekommt nur dann das Geld, wenn alles in Ordnung ist mit den gesetzlichen Grundlagen."

Keine Ausnahmen

Als Kräftemessen will Reding die Auseinandersetzung mit Ungarn nicht sehen. Die EU-Kommission sei die Hüterin der EU-Verträge. "Wenn ein Mitgliedsstaat sich nicht an die europäischen Gesetze und Verträge hält, ist es unsere Pflicht, hier einzugreifen. Da wird Ungarn nicht eine Ausnahme bilden." Den Eindruck, dass hier ein kleiner EU-Staat mit besonderer Härte angefasst wird, weist Reding zurück: "Ich habe auch schon Luxemburg vor den Kadi gebracht." Der Sorge, dass die EU-Kommission mit ihrem Verhalten den EU-Gegnern in Ungarn neue Nahrung gibt, entgegnet die Kommissarin mit dem Argument: "Wir würden den EU-Gegnern überall neue Nahrung geben, wenn wir unsere Pflicht und Schuldigkeit vor den Verträgen nicht ausüben würden." Man könne Ungarn nicht anders behandeln als alle anderen EU-Mitglieder.