Engagiertes Projekt in den Slums von Nairobi
Kenia: Essen und Schule für "Müllkinder"
Anders als im Vorjahr droht in Ostafrika heuer keine Hungersnot und keine Dürre. Aber der Großteil der Menschen in Ostafrika lebt weiter in größter Armut - selbst im als Urlaubsland bekannten Kenia. In der Hauptstadt Nairobi wohnt die Hälfte der rund drei Millionen Einwohner in Slums. Ein Projekt soll Straßenkindern und "Müllkindern" helfen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 12.5.2012
Bernt Koschuh hat die Slums von Nairobi besucht.
Zum Essen in die Schule
Eigentlich haben die Kinder in Kenia Anfang Mai Ferien. Aber rund 100 ehemalige Straßenkinder kommen auch in der unterrichtsfreien Zeit jeden Tag in die St. Clare Schule in Nairobis Stadteil Kariobangi - um zu essen. Aus Plastiktonnen erhält jedes Kind einen großen Schöpfer Mais-Bohnen-Eintopf. Viele hier haben früher auf der Deponie von Nairobi nach Essbarem und Verwertbarem gesucht - so auch die 15jährige Nuria: "Früher haben wir neben der Deponie gewohnt. Aber dann hat eine Sozialarbeiterin meine Mutter angesprochen und meine Mutter konnte mich in diese Schule schicken. - Wir haben ja kein Geld und deshalb konnte ich früher gar nicht in die Schule gehen."
Ohne Essen zurück auf den Müll
Vier Grundschulen für 1.300 Kinder aus den Slums sind in den vergangenen Jahren entstanden - auf Initiative der Franziskaner-Missionsschwester Lydia Pardeller aus Südtirol und ihrer kenianischen Unterstützer. Es sind die einzigen Schulen ohne Schulgebühr in Nairobi, sagt Schwester Lydia: "Unsere Idee ist es, den Kindern eine Zukunft zu geben. Aber im Grunde geht es den Kindern ums Essen. Wenn wir aufhören, Essen auszuteilen, müssen sie zurück auf den Müll und etwas suchen um zu überleben."
Gewalt und Prostitution
Wir besuchen die Hütte, wo Nuria und ihre fünf Geschwister wohnen, mit ihrer gehbehinderten Großmutter, die an grauem Star leidet. Der Vater hat die Familie verlassen, die Mutter ist HIV-positiv und im Spital. Die Hütte aus Blech, Karton und Stoff zusammengebastelt steht direkt auf dem Erdboden. Sieben Personen wohnen hier auf 15 Quadratmetern, es gibt nur zwei Betten. Nuria erzählt von Gewalt und Prostitution in den Slums und von den Nöten, jetzt in der Regenzeit, wo die Kinder oft kaum zum Schlafen kommen: "Wenn es regnet, regnet es herein durch Löcher im Dach. Und dann ist es kalt und deshalb hab ich Probleme mit der Lunge."
Sintflut im Slum
Zuletzt hat es manchmal eine ganze Nacht durchgeschüttet, sagt der Oberösterreicher Roland Turbinsky. Er arbeitet mit Schwester Lydia zusammen und zeigt sich erschüttert über die Lage der rund 1,5 Millionen Menschen in den Slums von Nairobi: "Die Slums sind auf abschüssigen Hängen gebaut, und wenn es da ordentlich regnet, bricht die Sintflut aus. Da passiert's eben, dass es die Töpfe, die Bettwäsche, alles wegschwemmt. Das absolut Lebensnotwendige halten sie dann in der Hand hoch und warten, bis das Wasser unten durchströmt. Da regnet's manchmal die ganze Nacht durch."
Bau von Schulen
Turbinsky koordiniert im Auftrag des oberösterreichischen Unternehmers und Großspenders Otto Hirsch den Bau einer höheren Schule und einer geplanten Berufsschule für ehemalige Straßenkinder. Bereits fertig ist eine kleine Schulbibliothek in der Grundschule, finanziert vom österreichischen Außenministerium auf Initiative von Botschafter Christian Hasenbichler. Er hebt die Verbindung von europäischen Helfern und kenianischen Sozialarbeitern hervor.
Sparen beim Essen
Allerdings konnte Schwester Lydia zuletzt vier ihrer rund 70 Lehrer, Sozialarbeiterinnen und Köchinnen nicht mehr weiter beschäftigen. Der Wechselkurs zwischen dem Euro und dem kenianischen Schilling hat sich verschlechtert, erzählt sie, und so reiche das Geld nicht mehr, das von der Caritas Kärnten und Südtirol kommt. Auch bei Mittagessen und Frühstück für die Kinder wird gespart: "Wir tun keine Milch hinein, wir kaufen kein Fleisch. Einmal in der Woche kriegen sie ein gekochtes Ei und einmal in der Woche ein Stück Obst."
Vom Straßenkind zur Akademikerin?
Aber es gibt auch echte Lichtblicke: Eine Schülerin hat zuletzt wegen ihrer guten Schulleistungen in Anwesenheit des kenianischen Präsidenten ein Stipendium verliehen bekommen. Das will auch die 15-jährige Nuria schaffen: Vom Straßenkind zur Akademikerin werden, um dann selbst den Kindern in den Slums zu helfen.
Spendenmöglichkeit
Caritas: PSK 7.700.004 BLZ 60.000, Kennwort: Kenia, New Hope
Hope for Future / Otto Hirsch: VKB-Bank Linz IBAN: AT 841860000010607919, BIC: VKBLAT2L