Ungewöhnliches Gipfeltreffen bei Obama

Weltpolitisches Stelldichein in Camp David

Vier Tage hintereinander treffen einander in den Vereinigten Staaten die Staats-und Regierungschefs der G-8 und in der Folge jene der NATO-Staaten. Der G-8-Gipfel beginnt auf dem Landsitz des US-Präsidenten in Camp David, danach reist der Tross weiter nach Chicago, wo Sonntag und Montag das NATO-Gipfeltreffen stattfindet.

Morgenjournal, 18.5.2012

Hanno Settele berichtet aus den USA.

Meeting im Walde

Es war eine ungewöhnliche und überraschende Verlautbarung des Weißen Hauses, als im März bekannt gegeben wurde, dass der lange vorbereitete und geplante Gipfel der G-8-Staatschefs von Chicago in das Feriendomizil des Präsidenten, nach Camp David im Bundesstaat Maryland, verlegt werde. Erstens ist Obama kein wirklicher Fan von Camp David – ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger George Bush besucht er das Anwesen mitten in einem Hügelland kaum. Zweitens ist Camp David mit seinen Holzhütten und seiner Rustikalromantik nicht wirklich ein Ort, der für eine so große Ansammlung von Politikern prädestiniert ist. Noch nie hatte ein amerikanischer Präsident mehr als zwei Staatschefs gleichzeitig dort zu Gast.

Nutzlose Geste für Putin?

Das Weiße Haus sagt, man habe sich für Camp David entschlossen, weil man dort Ruhe und Nähe finden könne, und weil es außerdem leichter vor eventuellen Protesten zu schützen sei. Das Treffen solle klein und intim sein, sagt der Nationale Sicherheitsberater Tom Donilon über das Meeting im Walde. Der Präsident habe sich bewusst dafür entschieden.

Hinter vorgehaltener Hand berichtet man in Washington freilich über einen anderen Grund: Obama wollte Wladimir Putin entgegenkommen. Hätten beide Meetings, also G-8- und NATO Gipfel, unmittelbar hintereinander in Chicago stattgefunden, so hätte der erklärte NATO-Kritiker nach zwei von vier Tagen abreisen müssen, eine vielleicht seltsame Situation. So wollte Obama dem neuen alten russischen Präsidenten eine elegante Möglichkeit geben, genau das zu vermeiden. Genützt hat's nichts, Putin kommt nicht - was durchaus als Affront gewertet werden darf.

Viele neue Gesichter

Putin hätte sich auch auf ein gänzlich neues Umfeld einstellen müssen – die guten Freunde aus der Zeit seiner ersten Präsidentschaft – Silvio Berlusconi, Jaques Chirac und Gerhard Schröder - sind alle schon Geschichte. Thematisch gibt es keinen offiziellen Fahrplan für das zweitägige Treffen – doch man kann davon ausgehen, dass die Krise im Euroland und das weitere Vorgehen in Afghanistan die Gespräche dominieren werden. Barack Obama wurde zuletzt ja nicht müde, immer lauter und deutlicher über das vermeintliche Versagen der EURO-17 bei der Bekämpfung der Krise zu philosophieren. Im intimen Rahmen von Camp David kann er seine Bedenken für die europäische Sparpolitik nun in Einzelgesprächen äußern. Dazu muss man ihm freilich sagen, welcher Staatschef in welcher Hütte wohnt – denn diese Aufteilung ist geheim, wie Sicherheitsberater Tom Donilon sagt. Es hat jeder Regierungschef seine Hütte, meint Donilon, in der zusätzlich ein, zwei oder sogar drei Mitarbeiter übernachten können.

Bevor es am Freitag um 20 Uhr Ortszeit mit einem gemeinsamen Arbeitsessen beginnt, wird Obama schon einen Regierungschef empfangen haben: Frankreichs neuer Präsdient Francois Hollande bekommt schon am Vormittag einen Termin, und das noch im Weißen Haus.