Iren stimmen über EU-Fiskalpakt ab
Referendum in Irland
Mehr als drei Millionen Menschen entscheiden an diesem Donnerstag, ob Irland am europäischen Fiskalpakt teilnimmt oder nicht. Die EU sieht der Abstimmung gelassen entgegen. Erstens würden die Iren bei einem Nein nicht das gesamte Projekt zu Fall bringen. Und zweitens sehen die Umfragen ein klares Ja für den Pakt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal 31.5.2012
Jede Wette gegen Nein
Die Nervosität der Gäste im Wettbüro an der Middle Abbey Street in Dublin gilt ausschließlich dem Pferderennen. Hier ist noch alles offen. Die Wetten über den Ausgang des Referendums zum Fiskalpakt sind für Kevin Gilroy weitgehend uninteressant. Zu gering sind die Aussichten, hohe Gewinne einzufahren, der Kick an der Wette ist für ihn, sagt der Wettbegeisterte. "Dieses Referendum geht mit Ja aus, es bringt nichts, darauf zu setzen. Wenn man 80 Euro auf JA setzt, gewinnt man nur 10 Euro. Das hat keinen Sinn. Anders herum wäre es interessant, setzt man 10 Euro auf Nein, dann kann man 80 Euro gewinnen. Aber es wird mit Ja ausgehen. Die Leute haben Angst mit Nein zu stimmen. Kevin Gilroy’s Gefühl deckt sich auch mit den Prognosen von Buchmacher Paddy Power: "Es sieht ganz danach aus, als würden sich die Befürworter des Fiskalpakts durchsetzen. Darauf deuten zumindest die Wetten hin. Mit 96-prozentiger Wahrscheinlichkeit wird dem Fiskalpakt zugestimmt," ist Power überzeugt.
Unentschlossene Wähler
Professionelle Meinungsforscher sind bei ihren Prognosen etwas vorsichtiger. Richard Colwell vom Marktforschungsinstitut red c hat am Sonntag die letzte Umfrage vor dem Referendum erstellt. Seine Einschätzung: "Das Referendum dürfte mit JA ausgehen, aber nicht so deutlich, wie es vergangene Umfragen erwarten ließen, da waren wir bei einer Zustimmung von 62 Prozent. Ich glaube es wird eher mit 55, 58 Prozent ausgehen. Denn zuletzt hat das Nein-Lager wieder mehr Zuspruch bekommen." Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind die Unentschlossenen. In der vergangenen Umfrage hat ein Sechstel der Befragten nicht gewusst, ob sie mit Ja oder Nein stimmen werden, sagt Richard Colwell. "Sehr viele irische Wähler entscheiden erst in den letzten Tagen vor dem Referendum, wie sie wählen werden. Das macht das ganze schwierig, es kann sich also schon noch etwas ändern, das haben die irischen Wähler ja in der Vergangenheit bewiesen. Ich rechne diesmal aber nicht mit so starken Veränderungen, die zu einem Nein führen könnten."
Entscheidung mit Tragweite
Ein Nein zum Fiskalpakt würde Irland vom Europäischen Rettungsfonds ESM abschneiden. Das haben die Fiskalpakt-Befürworter den irischen Wählern eingehämmert. Und die Botschaft dürfte auch angekommen sein, bestätigt Meinungsforscher Colwell: "Viele die mit Ja stimmen werden wollen das gar nicht. Die Sparmaßnahmen sorgen für Ärger und Frust. Aber die Iren werden ja fast dazu gezwungen, denn ein Nein zum Fiskalpakt ist zu gefährlich." Zu jenen, die ihre Wahlentscheidung mit dem Kopf und nicht mit dem Bauch treffen zählt auch der Wettbegeisterte Kevin Gilroy. Er weiß, dass der Fiskalpakt wegen der verpflichtenden Schuldenbremse und der verordneten Haushaltsdisziplin weitere magere Jahre bringt. "Es ist eine Abstimmung für den Sparkurs und die nächste Regierung wird diesen Kurs nicht ändern können, der Sparkurs bleibt uns jetzt sicher 20 Jahre erhalten. Ich bin also gar nicht enthusiastisch, aber ich meine, dass wir mit Ja stimmen müssen. Darauf wetten würde ich aber trotzdem nicht." Die Wetten bei den Buchmachern in Dublin lassen kaum noch Zweifel zu. Der Buchmacher Paddy Power rechnet mit einem deutlichen Ja beim Referendum zum EU-Fiskalpakt: Die Wetteinsätze lassen auf ein JA schließen. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 96 Prozent.
Mittagsjournal, 31.5.2012
Ein klares Ja wird erwartet. Aus Dublin Martin Alioth im Gespräch mit