Internationale Konferenz sucht nach Lösungen

Eine Milliarde Menschen hungert

Weltweit muss fast eine Milliarde Menschen Hunger leiden, täglich sterben rund 7.000 Kinder an Unterernährung. Was man dagegen tun könnte, darüber beraten internationale Experten zwei Tage lang auf einem Kongress der Caritas in Wien. Denn Hungerkatastrophen werden meist von Menschen verursacht. Ihre Vermeidung wäre oft schon im Vorfeld möglich.

Morgenjournal, 1.6.2012

Barbara Gansfuss

Die Hälfte der Lebensmittel landet im Müll

Der größte Krisenherd ist nach wie vor Afrika. In der Sahelzone, die sich durch zehn Staaten zieht, sind aktuell mehr als 18 Millionen Menschen aufgrund von Dürre und Nahrungsmangel von Hunger bedroht. Am Freitag beginnt in Wien unter dem Motto "Zukunft ohne Hunger" eine zweitägige Konferenz, die von der Caritas organisiert worden ist.

Caritas-Präsident Franz Küberl fordert die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. Weltweit gebe es viele Schrauben, an denen gedreht werden müsse. Denn nur etwas mehr als die Hälfte der weltweit produzierten Lebensmittel würde tatsächlich konsumiert. "Der Rest verdirbt oder wird weggeworfen."

Problem "Land Grabbing"

80 Prozent der Hungernden leben auf dem Land, zwei Drittel davon sind Bauern, die aus dem Teufelskreis nicht heraus kommen. Küberl macht dafür vor allem den Klimawandel verantwortlich, der in manchen Regionen "wuchtige Veränderungen" bringe. Auch "neue Formen des Kolonialismus", wie etwa das so genannte Land Grabbing (dt. Landraub) würde zahlreichen Kleinbauern die Existenzgrundlage entziehen.

Die Situation der 500 Millionen Kleinbauern zu verbessern, das ist auch für den ehemaligen EU-Agrarkommissar Franz Fischler das Gebot der Stunde. Denn diese hätten oft keine Voraussetzungen, der Armut und dem Hunger zu entkommen. Und das eine könne man nicht ohne das andere lösen. Auch Wetten auf Lebensmittelpreise gehören verboten, so Fischler.

Entwicklungshilfe: Österreich Zahlungsmuffel

Caritas-Präsident Küberl und Ex-Kommissar Fischler wollen auch die österreichische Regierung nicht aus der Pflicht nehmen. Seit Jahren gebe sie zu wenig für die wichtige Entwicklungszusammenarbeit auf. Fischler nennt die Zahlungen Österreichs "blamabel", da die ohnehin geringen Mittel auch noch gekürzt würden.

Laut aktuellen Zahlen der OECD gibt Österreich 0,27 Prozent seines Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungshilfe aus. Das ist ein Rückgang von 14,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mehr gekürzt haben nur Griechenland (minus 39,3 Prozent) und Spanien (minus 32,7 Prozent).

"Projekte statt Schuldenerlass"

Auch die Art der finanziellen Unterstützung wird von Fischler kritisiert. So würden Schuldenerlässe auf Regierungsebene nur wenig konkreten Nutzen für den einzelnen Bürger bringen. Sinnvoller wären direkte Entwicklungsprojekte in den betroffenen Gebieten, so Fischler. Die Not gebiete es, rasch etwas zu unternehmen. Ansonsten müsse sich Europa in Zukunft auf neue Flüchtlingswellen gefasst machen.