UN-Experte Stamoulis über notwendige Maßnahmen
Wege aus der Hungerkrise
Auf der zweitägigen Hungerkonferenz der Caritas diskutierten internationale Experten, wie man das globale Hungerproblem lösen kann. Derzeit ist vor allem die Sahelzone betroffen. Wirtschaftswachstum und Maßnahmen gegen Landraub zählen laut Kostas Stamoulis von der FAO zu den effizientesten Maßnahmen gegen Hunger.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 1.6.2012
Hanna Sommersacher
"Wirtschaftswachstum keine Garantie für Wohlstand"
Damit die betroffenen Länder effektiv gegen Hunger und Unterernährung vorgehen können, müssten deren Regierungen erst einmal das Problem als solches erkennen und es lösen wollen, sagt Kostas Stamoulis, von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Außerdem brauche es politische Stabilität. "Länder, die ihre Konflikte und sozialen Unruhen überwunden haben, erreichen sehr schnell Verbesserungen im Kampf gegen Hunger", so Stamoulis.
Ein nächster, wichtiger Schritt sei eine wachsende Wirtschaft. Andererseits sei Wirtschaftswachstum aber keine Garantie für weniger Hunger. In vielen afrikanischen Ländern und in Indien etwa wächst die Wirtschaft seit Jahren rasant. Trotzdem kommen Wachstum und Wohlstand nicht in der breiten Bevölkerung an, sagt Stamoulis.
Umverteilung als wichtiger Faktor
Die Umverteilung des Wachstums sei daher ein entscheidender Faktor in der Hungerbekämpfung. Ob die Umverteilung gut gelingt sei vor allem davon abhängig, wie das Wirtschaftswachstum generiert wurde.
"Wenn das Wachstum zum Beispiel vor allem durch eine gut entwickelte Hightech-Industrie gespeist wird, hat das eine völlig andere Wirkung auf arme und hungernde Menschen als jenes Wachstum, das durch Kleinbauern entsteht", so der Experte. Bei letzerem würde nämlich vorwiegend die Lebensqualität der ärmeren Bevölkerung verbessert werden.
Landwirtschaft: Finanzielle Hilfen nötig
Denn drei Viertel der hungernden Menschen leben in ländlichen Regionen. Dort ist die Landwirtschaft die entscheidende Lebensgrundlage. Wer also diesen Menschen helfen will, müsse ihnen ermöglichen, eine eigene Farm zu betreiben, so der UN-Experte.
Wie auch die meisten anderen Experten weist Stamoulis darauf hin, dass es vor allem an notwendigen finanziellen Mitteln fehlt. Die internationalen Hilfen für die Landwirtschaft seien in den letzten Jahren extrem gesunken und würden nur langsam wieder erhöht.
Kritik an Landraub
Zudem hätten ausländische Hedgefonds und Firmen besonders in Afrika Ackerland als lukrative Anlageform entdeckt. Das berüchtigte Land Grabbing (dt. Landraub) wurde besonders nach der großen Nahrungskrise vor vier Jahren prominent. Damals sind die Preise auf Grundnahrungsmittel extrem gestiegen.
Private Investoren, aber auch Länder wie China, haben daraufhin Ackerland in großem Umfang gekauft um von den anhaltend hohen Preisen zu profitieren. Die Gewinne kämen aber nicht der notleidenden Bevölkerung vor Ort zu Gute, kritisiert Stamoulis.
Der UN-Experte fordert für solche Landkäufe ein gesetzliches Regelwerk. Denn ausländische Investitionen seien nicht per se schlecht - es müssten nur beide Seiten davon profitieren.