Experte: EU müsste sich was einfallen lassen
Italien würde Euro-Schutzschirm sprengen
Nachdem Spanien jetzt doch unter den europäischen Rettungsschirm schlüpft, gilt Italien als möglicher nächster Kandidat. Das Problem dabei: das würde den finanziellen Rahmen des Schirms sprengen, sagt der Europa-Experte der Raiffeisen Bank International, Valentin Hofstätter. An sich ist Hofstätter aber nicht allzu pessimistisch.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 12.6.2012
Europa-Experte der Raiffeisen Bank International, Valentin Hofstätter, im Gespräch mit Ellen Lemberger
Politisches Problem für die Euro-Zone
Hofstätter rechnet mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass Italien eine Art von Hilfe braucht - vor allem wenn am kommenden Sonntag die Wahl in Griechenland zum Ausstieg des Landes aus dem Euro führen sollte. Hofstätter hofft aber, dass Italien nicht unter den Euro-Rettungsschirm muss, weil dieser viel zu klein wäre: "Sollten die Anleiherenditen für Italien über längere Zeit zu hoch sein, dann wäre die Europäische Zentralbank aufgerufen, etwas zu tun, oder man müsste sich etwas Neues einfallen lassen." Das wäre zwar noch immer keine Gefahr für den Euro, schätzt der Experte, aber ein Problem für die Konjunktur in der Euro-Zone und vor allem ein politisches Problem, weil man dann auf die bisher umstrittenen Modelle wie Eurobonds oder Fiskalunion zurückgreifen müsste.
Wirtschaft braucht Reformen
Beruhigend führt Hofstätter an, dass Italien im Unterschied zu Spanien keine Immobilienblase gehabt habe, die mittlerweile geplatzt ist und zu großem Finanzbedarf für die spanischen Banken führt. Die italienischen Banken seien "recht gesund". In der seit einigen Monaten herrschenden Rezession der italienischen Wirtschaft sieht Hofstätter nichts Außergewöhnliches und eine Folge der drastischen Budgetkürzungen: "Das hinterlässt kurzfristig Bremsspuren." Die Rezession werde nächstes Jahr vorbeigehen und keine bleibenden Folgen hinterlassen.
Einen regelrechten "Aufbau" der italienischen Wirtschaft hält der Experte nicht für nötig. Das Land sei ja nicht vom Krieg verwüstet, vor allem Norditalien habe eine gute Industriestruktur. Es brauche aber Zeit und vor allem Strukturreformen, damit Italien für Investitionen attraktiver wird. Die Reformen müssten den Arbeitsmarkt betreffen, aber auch das Steuerrecht und die Bürokratie.