Gegen deutschen Widerstand

Italiens Politik hofft auf Eurobonds

Die Schuldenkrise frisst sich durch Europa. Während die Feuerwehr an einem Ort löscht, in diesem Fall in Spanien, beginnt es schon im nächsten Haus zu brennen - in Italien. Es ist ein untrügliches Zeichen, dass es problematisch wird, wenn Politiker ausrücken und sagen, alles sei in Ordnung. In Italien selbst sind die Reformen fast zum Erliegen gekommen - die Hoffnung ruht auf Eurobonds.

Mittagsjournal, 12.6.2012

Robert Uitz berichtet aus Rom.

Spreads und Beruhigungspillen

Wie die Fußballergebnisse ihren fixen Platz in der TV Hauptnachrichtensendung der RAI haben, so wird jeden Tag auch eine andere wichtige Zahl besprochen: Der Spread zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen, wie viel also Italien mehr als Deutschland für seine Schulden bezahlen muss. Krisen folgen hier in Italien auch immer einem gewissen Drehbuch. Im ersten Akt gibt es meistens Aussagen von Regierungsmitgliedern die am Rande von Veranstaltungen gemacht werden. Selten ist ein Mikrofon dabei - so gibt es dann nur Zitate in den Zeitung. In diesem Fall ist es der Minister für wirtschaftliche Entwicklung Corrado Passera. Er hat wissen lassen, dass es keinen Grund zur Sorge gäbe: Mit der Sparpolitik der Regierung Monti gehöre Italien zu den Staaten, die besser gerüstet sind für die Turbulenzen in Europa, so Passera.

Drama in vier Akten

Auch Mario Monti hat bei einer Veranstaltung in Venedig eine Bemerkung zur aktuellen Krise gemacht - und zwar in Richtung Angela Merkel. Ihm sei bewusst, dass sie wegen der Bundestagswahlen im kommenden Jahr Härte zeigen müsse, aber Europa brauche jetzt die Eurobonds. Im zweiten Akt rückt dann Staatschef Napolitano aus. Er beruhigt - mahnt aber gleichzeitig weitere Reformen ein. so geschehen Montagabend: "Wir haben Probleme zu lösen, jeder in seinem eigenen Haus. Auch wir in Italien. Wir müssen das mit großem Engagement angehen. Auch wenn die Aufgabe schwierig ist."

Im dritten Akt werden die Probleme dann massiver. Es muss etwas passieren. Es wird aufgeregt politisch diskutiert: Regierung gegen Opposition gegen Gewerkschaften. Dazu die Unternehmerverbände uns so weiter. Und im vierten Akt entscheidet sich dann ob tatsächlich etwas passiert - oder ob die ganze Angelegenheit wieder von selbst verschwindet. Letzteres in diesem Fall wohl keine Option.

Stärken und Schwächen Italiens

Auf der Habenseite kann man ohne Zweifel eine robuste Industrie verbuchen. Viele kleine und mittlere Betriebe die trotz des schwierigen Umfelds erfolgreich sind. Auch der Tourismus funktioniert gut. Die Banken stehen relativ solide da. Auch eine Immobilienblase wie in Spanien gibt es nicht. Und das Privatvermögen übersteigt die Verbindlichkeiten des Staates um rund ein Viertel.

Auf der Sollseite hat sich allerdings auch einiges angesammelt: Die immens hohe Staatsverschuldung, eine hohe Abgabenlast und damit verbunden eine verbesserungswürdige Steuermoral. Seit einem Jahrzehnt gibt es kaum mehr Wirtschaftswachstum - seit drei Quartalen steckt Italien in der Rezession. Dazu kommt eine zum Teil aberwitzige Bürokratie, die jede Art der Selbstständigkeit zu einem Abenteuer werden lässt.

Die Deutschen weichklopfen

Und dann die politische Lähmung: Diese konnte auch Mario Monti nicht nachhaltig durchbrechen. Bei den echten Strukturreformen ist er gescheitert. Und nachdem der Wahlkampf für die Parlamentswahlen bereits begonnen hat und sich die Parteien in ihren ideologischen Ecken einbunkern, besteht wohl wenig Hoffnung, dass da noch viel geht. Deshalb setzen hier alle auf Plan B. Auch Mario Monti. Und der heißt: Die Deutschen müssen weichgeklopft werden. Es müssen Eurobonds her - sonst geht alles den Bach hinunter. Und das könne ja auch niemand wollen, heißt es in Italien.