Experten: Schwachstellen im Transparenzpaket
Der Nationalrat beschließt die Erhöhung der Parteienförderung und das Transparenzpaket - eine Folge der Korruptionsskandale. Das Anfütterungsverbot soll wieder kommen ebenso wie Regeln für Lobbyisten. Experten warnen aber, dass einige der vermeintlich scharfen Bestimmungen in Wirklichkeit zahnlos sind.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 27.6.2012
Schwaches Anfütterungsverbot
Dass Parteispenden ab 3.500 Euro offengelegt werden müssen, stand in den letzten Wochen im Mittelpunkt der Diskussion um das Transparenzpaket. Ursprüngliche Auslöser für die Reform waren aber andere Themen: einmal die jahrelange Kritik von Fachleuten am sogenannte Anfüttern von Politikern, also dem Verteilen von Geschenken, Einladungen und sonstigen Zuwendungen in der Hoffnung auf das Wohlwollen des Amtsträgers. Nun findet sich im Paket tatsächlich ein Anfütterungsverbot - dessen Ernsthaftigkeit allerdings Franz Fiedler von Transparency International massiv in Frage stellt. Denn das Verbot reiche keineswegs an jene strenge Regelung heran, die es 2008 schon einmal gab - aber nach Interventionen von Kultur- und Wirtschaftsvertretern aufgehoben wurde.
Beweisnotstand eingebaut
"Dass jene, die 2008 so laut geschrienen haben, nun schweigen, spricht Bände", sagt Fiedler. Die aktuelle Regelung werde in der Praxis kaum zu tragen kommen. Damit werde jede präventive Wirkung ausgeschaltet, kritisiert Fiedler. Denn nur das vorsätzliche Anfüttern soll strafbar werden - und das müsste erst einmal jemand beweisen, dass Geschenke verteilt werden mit dem Hintergedanken, einen Amtsträger zu beeinflussen. Es könnte durchaus sein, dass es wegen Beweisschwierigkeiten zu überhaupt keinen Verurteilungen kommt, so Fiedler.
Lobbyverbot nicht für Anwälte
Ebenfalls schon lange vor dem jetzigen Transparenzpaket waren Regeln für Lobbyisten geplant - ausgelöst durch den früheren ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Ernst Strasser, und dessen angebliches Angebot, Gesetze gegen Bezahlung ändern zu lassen - was Strasser bis heute bestreitet. Ein Lobbyistengesetz ist aber trotzdem Teil des Transparenzpakets. Allerdings aus der Sicht des Anti-Korruptionsexperten Hubert Sickinger ein ziemlich wirkungsloser Teil. Denn erstens bleibe der Öffentlichkeit weiter verborgen, wer von wem fürs Lobbyieren bezahlt wird. Und zweitens müssten sich Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder nicht an die neuen Regeln halten, zeigt Sickinger auf. Er vermutet, dass sich die freiberuflichen Anwälte unter den Abgeordneten "herauslobbyiert" haben.
Zahnlose Meldepflicht
Geregelt werden im Transparenzpaket auch die Nebeneinkünfte der Abgeordneten. Die müssen künftig ab einer Höhe von genau 1.142 Euro und 40 Cent pro Auftraggeber und Jahr angegeben werden. Auch diese Regelung sei schwach, weil folgenlos, sagt Sickinger. Zwar habe man das deutsche Modell übernommen, aber wenn ein Abgeordneter nicht ausreichend meldet, gebe es keine Sanktionen. In Deutschland müssten Unte4rnehmer und Freiberufler ihre Klienten melden, in Österreich werde das nicht der Fall sein.
Grauzone bei Parteispenden
Noch eine Schwachstelle des Transparenzpaketes sieht Sickinger: Zwar müssen künftig Spenden an Parteien und Abgeordnete gemeldet werden, nicht aber Spenden an Regierungsmitglieder und an Parteifunktionäre. Hier tue sich laut Sickinger eine Grauzone auf.