Syrische Vorwürfe gegen Türkei

Nach dem Attentat gegen die syrische Führungsspitze, zu dem sich die Oppositionsarmee bekannt hat, beschuldigt die Führung in Damaskus auch die Türkei, hinter dem Anschlag zu stehen. Die türkische Regierung weist das zurück und beobachtet die Erfolge der syrischen Opposition nicht nur mit Freude.

Mittagsjournal, 19.7.2012

Erdogan weist Verdacht zurück

"Niemals würde die Türkei solche Mittel gegen ihre Brüder einsetzen", sagte Erdogan - mit anderen Worten also: niemals gegen Muslime. Spekulationen über eine türkische Mitwirkung an dem Attentat hat es aber nicht nur in Syrien gegeben. Immerhin steht noch die Drohung der Türkei im Raum, sie werde sich für den Abschuss eines türkischen Aufklärungsflugzeugs auf geeignete Weise revanchieren.

Unvorhersehbare Entwicklung

Türkische Politiker haben in ihren Reaktionen auf das Attentat keine Zweifel daran gelassen, dass sie alles begrüßen, was Assads Ende beschleunigen könnte. Und doch bereitet der rasche Fortschritt der Anti-Assad-Rebellen der Regierung in Ankara bei aller Genugtuung auch einige Sorgen. Denn weder der Türkei noch ihren westlichen Verbündeten ist es bisher gelungen, auf die syrische Opposition so viel Einfluss zu nehmen, dass der weitere Weg des Landes auch nur in irgendeiner Weise vorhersehbar wäre.

Gefahr der Spaltung

Dazu kommt noch eine sehr konkrete Gefahr: Wenn es stimmt, dass Offiziere und Soldaten der Assad-Armee in diesen Stunden massenweise desertieren, dann stellt sich die Frage, was mit den teilweise sehr gefährlichen Waffen der syrischen Armee geschieht und in welche Hände sie fallen werden. Könnte es sein, dass außersyrische Kräfte wie Al Kaida oder Hizbollah vom Chaos in Syrien profitieren? Auf dieses Thema solle der türkische Ministerpräsident Erdogan gestern auch den russischen Präsidenten Putin angesprochen haben. Immerhin kann auch Moskau kein Interesse daran haben, dass der Zerfall des Assad-Regimes radikale Kräfte stärkt. Doch die Antwort, die Erdogan in Moskau bekommen hat, dürfte die türkischen Befürchtungen keinesfalls entkräftet haben. Offenbar kann sich Russland weiterhin eine Teilung Syriens vorstellen, um seinen militärischen Einfluss auf das Land nicht ganz zu verlieren. Eine solche Teilung würde von der Türkei allerdings als weitere Bedrohung angesehen - vor allem wenn daraus, so wie Im Irak, ein weiterer kurdischer Ministaat entstehen könnte.

So schaut also auch die Führung in Ankara gebannt auf die jüngsten Entwicklungen im Nachbarland. Die Jubelmeldungen der syrischen Opposition, Assad wäre bereits so gut wie auf der Flucht, werden in der Türkei zumindest als verfrüht angesehen.

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