Filzmaier: Proporz behindert Kontrolle
In Kärnten sitzen alle Parteien gemäß Wahlergebnis in der Regierung. Dieser Proporz sei schuld am Sumpf in Kärnten, meint die Opposition. Eine klare Oppositionsregelung wäre besser für die Kontrolle der Regierung, meint auch der Politologe Peter Filzmaier. Wobei er in Kärnten weitere erschwerende Umstände ortet.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 2.8.2012
Der Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit Barbara Herbst.
Es geht auch anders
Kärnten ist eines von fünf Bundesländern, in dem die Landesregierung nicht in Koalitionsverhandlungen gebildet wird, sondern sich gemäß dem Wahlergebnis zusammensetzt. Das heißt, dass alle größeren Landtagsparteien auch in der Regierung sitzen, selbst wenn eine Partei - wie etwa auch in Niederösterreich - mit absoluter Mehrheit regiert. Anders ist das in der Steiermark, in Salzburg, in Tirol und in Vorarlberg, dort werden die Landesregierungen nach dem Mehrheitssystem gebildet.
"Systematische Blockade" in Kärnten
Der Proporz sei "zumindest mit schuld an der strukturellen Systemblockade in Kärnten", sagt der Politologe Peter Filzmaier im Ö1 Interview. Freiheitliche, Sozialdemokraten und Volkspartei säßen dort in einer Regierung ohne das zu wollen. Es sei kaum noch Bereitschaft vorhanden, sich zu Regierungssitzungen zu treffen. Noch dazu habe die Freiheitliche Partei die absolute Mehrheit und könne in der Regierung alles beschließen, aber keine Mehrheit im Landtag, kann dort aber wichtige Entscheidungen durch Verlassen des Saales blockieren. "Da ist die ursprüngliche Idee des Proporzes als Kontrollsystem eher zum Blockadesystem geworden."
Klare Trennung ist besser
Grundsätzlich sei die Gefahr der "politischen Packelei" in Proporzsystemen größer. Das ursprüngliche Argument, dass man Parteien, die im Februar 1934 aufeinander geschossen haben, zur Zusammenarbeit zwingen will, gelte heute nicht mehr. Die Wahrscheinlichkeit für eine funktionierende Kontrolle sei größer, wenn eine klare Trennung von Regierung und Opposition bestehe - und nicht wie etwa in Oberösterreich, dass jede Partei im Landtag aufgrund des Wahlergebnisses auch mindestens einen Landesrat stellt. Denn damit sei zum Beispiel ein Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung als Instrument der Opposition nahezu ausgeschlossen.
Landtage brauchen mehr Ressourcen
Mit der Umstellung vom Proporz- auf ein Mehrheitssystem wäre es aber auch nicht getan, sagt Filzmaier. Er müsse ein besseres Verständnis von Regierung und Kontrolle geben, und außerdem müsse man die Landtage, wie auch den Nationalrat, mit mehr Ressourcen versehen. "Wenn der Landtag da keine Mittel zur Verfügung hat, können das Abgeordnete als Einzelkämpfer sicher nicht schaffen."