Nach Libor- droht Euribor-Skandal
Vor wenigen Wochen hat der Libor-Skandal die Finanzwelt erschüttert. Händler der beteiligten Banken haben jenen Zinssatz manipuliert, an dem sich Geldgeschäfte in Billionenhöhe orientieren. Die britische Bank Barclays muss 400 Milliarden Euro Strafe zahlen, der Vorstandschef musste gehen. Die Liste der möglicherweise verwickelten Banken wird immer länger, es wird vermutet, dass auch der europäische Interbanken-Zinssatz Euribor gefälscht worden ist.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 2.8.2012
Jahrelang abgesprochen
Manch einer nimmt das Wort Kartell in den Mund um die Hintergründe im Libor-Skandal zu beschreiben.
Den Interbanken-Zins konnte man offenbar sehr einfach fälschen. 18 Banken weltweit geben täglich an, zu welchen Zinsen sie glauben am Kapitalmarkt Kredite zu bekommen. Aus diesen Schätzungen wird ein Mittelwert berechnet. Das ist der Libor, jener Zinssatz an dem sich Millionen Geldgeschäfte weltweit orientieren. Kleinste Veränderungen können Gewinn oder Verlust bedeuten, nicht nur für Groß-Investoren auch für Kleinanleger und Häuslbauer.
Über Jahre haben Bankmitarbeiter sich abgesprochen und falsche Zahlen angegeben, womöglich sogar auf Aufforderung ihrer Vorstandschefs. Ausgelöst hat den Skandal die britische Bank Barclays. Gegen die ebenfalls britische HSBC wird ermittelt. Auch die Schweizer Großbank UBS, die französische Société Générale und die Royal Bank of Scotland sollen verwickelt sein.
Ausweitung auf Euribor befürchet
Mindestens drei Banken, darunter die Deutsche Bank, arbeiten mit den Behörden zusammen und haben sich so den Kronzeugen-Status gesichert, also mildere Strafen im Austausch für Hinweise auf Fälschungen.
Es soll aber nicht nur Manipulationen beim Libor gegeben haben, vermutet werden auch gefälschte Angaben bei seinem europäischen Pendant, dem Euribor. Der Skandal könnte sich also noch ausweiten. Die deutsche Bankenaufsicht Bafin untersucht acht deutsche Banken, darunter auch hier die Deutsche Bank.
Manipulation war vorprogrammiert
Bafin-Chefin Elke König hat den Banken bereits geraten, ausreichend Geld für Strafzahlungen auf die Seite zu legen. Denn für die Institute kann es teuer werden. Laut EU Regularien sind Strafen von bis zu zehn Prozent eines Jahresgewinnes möglich - einzelne Banken müssten dann über eine Milliarde Euro Strafe zahlen. Und in den USA stehen noch Sammelklagen an.
Die Banken zittern. Währenddessen überlegen die Aufsichtsbehörden, wie man die Zinssätze künftig nachvollziehbar gestalten kann. Das Grundproblem bei Libor und Euribor ist, dass sie zur Manipulation regelrecht eingeladen haben, sagt Josef Zechner, Professor für Finanzwirtschaft an der Uni Wien.
Außerdem beruht der Zins nur auf Schätzungen. In Zukunft müssten Libor, Euribor und andere Interbanken-Zinssätze auf realen Geschäften beruhen, sagt Zechner. Überdies sollten noch mehr Banken die Zinssätze mitbestimmen. Denn je mehr Institute eingebunden seien, desto schwieriger würden Absprachen und Manipulationen.